Für die Komplexität und die Widersprüchlichkeit der Dinge, mit denen Sie sich herumschlagen, habe ich volles Verständnis und ich will diese auch nicht relativieren. Die Ursache dafür liegt aber bei Ihnen. Ihre (dankenswerte) Beschreibung bestätigt meine schlimmsten Vermutungen und wirft sofort die Frage auf: Was macht eigentlich Ihr hausinternes Qualitätsmanagement?
Im Zeitalter von ISO 9000 und TS 16949 ist es in der Industrie eingeführter Standard, Kundenzufriedenheit auch im nicht professionellen Sektor aktiv einmal jährlich abzufragen und diese Informationen in die Verbesserung der eigenen Leistung, sei es das Produkt oder der Service, einfließen zu lassen. Geht dies nicht, gibt man dem Kunden ein entsprechendes Feedback und erklärt ihm, warum die Dinge so bleiben sollen wie sie sind.
Den Markt zu beobachten, Kommunikationswege zu öffnen, die Information zu sammeln, zu verdichten und auszuwerten ist die vornehmste Aufgabe jedes Qualitätsmanagements, weil man hiermit unmittelbar zum Unternehmenserfolg beitragen kann.
Diese Strategie hinterläßt immer Wirkung - wenn man es macht und vor allen Dingen, wenn man es nicht macht.
Einen detailierten Fragebogen zu erstellen und (auch) an die Privatkunden zu verschicken ist keine Kunst, kostet wenig und führt zu mindestens 70% Rückläufen. Bei Ihren sehr hochwertigen Produkten wäre die Akzeptanz vermutlich noch höher, weil es sich nicht um Massenware handelt und die Kunden eine sehr enge Bindung an die Marke und/oder das Produkt haben.
Geschäftsleitungen haben meist ein große Scheu davor, in solch einer Aktion dem Kunden die Gelegenheit zu geben, die Gesamtleistung des Unternehmens abschließend zu bewerten - etwa mit den alten Schulnoten von 1 bis 6 nach den Kriterien Service, Flexibilität, Reaktionsvermögen, Qualität, Stellenwert des Kunden, Preis und Wahrnehmung des allgemeines Auftretens und Agierens des Unternehmens.
Allein die Aktion als solche weckt beim Kunden den Gedanken: Sieh mal an, die wollen nicht nur mein Geld, sondern die interessieren sich wirklich für meine Meinung und meine Wünsche.
Das oft befürchtete "Gemecker" bleibt dabei nach meinen Erfahrungen praktisch völlig aus. Gemeckert wird in der Masse eher anonym oder am Telefon.
Wäre so etwas nicht eine Chance für ein Alleinstellungsmerkmal im Wettbewerb?
Als langjähriger Kunde habe ich keine Indizien dafür, dass es bei Zeiss oder Leica solche Aktionen gäbe (außer als singuläres Ereignis während der Fernglas-Testwochen - aber Feedback zum Kunden=Fehlanzeige).
Walter Wehr