Herr Bungart, Ihrer Einschätzung schließe ich mich an, wobei ich zu den optisch wirklich guten Gläsern noch das 10x50 SLCneu und auch das 10x42 SLCneu zählen würde, wenn man von ihrer nicht mehr zeitgemäß hohen Nahgrenze und dem hohen Gewicht absieht.
Die Aufregung, die die leicht durchgeknallte Werbelyrik Swarovskis hier bei einigen „alten Hasen“ (insbesondere „Eignern“) ausgelöst hat, dürfte Jüngere amüsieren. Wir sollten aber nachsichtig sein, denn der typischen oft grünberockten Swarovski-Klientel, also älteren gut betuchten Beobachtern ohne Spitzenvisus, kann man lange Produktzyklen als Qualitätsbeweis verkaufen, was die Wertbeständigkeit der leicht überteuerten Modelle psychologisch untermauert. Dann wird noch was von ständiger Produktpflege dazuphilosophiert, auch wenn sie mehr erahnt als wahrgenommen werden kann, und fertig ist der Anspruch, Marktführer zu sein. In Wahrheit war man wahrscheinlich vorsichtig, weil man das zufällig gut geratene Einblickverhalten des 8,5er nicht aufs Spiel setzen wollte. Kommt dann nach gut zehn Jahren gezwungenermaßen eine Weiterentwicklung, ist das Getöse dafür umso größer.
Nicht nur optisch waren die ELs m. E. längst überarbeitungsbedürftig; mir jedenfalls fällt beim direkten Vergleich zu Zeiss oder Leica sofort das etwas weichere Bild auf – allerdings habe ich auch einen deutlich überdurchschnittlichen Visus. Ob sich hier wirklich so viel getan hat, wie Swarovskis Visionen die Kundschaft glauben machen wollen, wird man sehen.
Für mindestens genauso überarbeitungsbedürftig hielt ich auch den Schwachpunkt EL-Fokussiermechanik, denn der leicht „eiernde“ und ungleichmäßige Lauf des Einstellrades hat mir nie gefallen und vermutlich prinzipielle Ursachen. Wegen des Durchgriffs kann die Achslagerung nur kurz ausfallen, so dass ein lang hervorstehender Fokussierknopf zwangsläufig labil geführt sein wird. Drückt man den Knopf beim Rotieren etwas fester, spürt man wie die Achse unter der Belastung leicht nachgibt – not so beautiful. Auch für die Übertragungsmechanik vom Knopf zu den Fokussierlinsen im Tubus bietet die Durchgriffkonstruktion nach meiner Einschätzung so wenig Platz, dass darauf die etwas wechselnde Verstellkraft und der leicht ungleichmäßige Lauf zurückzuführen sein dürfte.
Gespannt bin ich deshalb auch auf die neuen Nikon-Gläser, besonders weil die bisherigen HG-Modelle verarbeitungsmäßig für mich noch vor Swarovski liegen und die mit Abstand beste Fokussiermechanik des Marktes haben. Übrigens: sie war deshalb so exzellent, weil es sich um eine massiv und absolut präzis ausgeführte, aber im Prinzip völlig konventionelle altbewährte Konstruktion handelte. Neuerungen wie Titanachsen und fettfreie Lager a la Leica mögen sich auf bedrucktem Papier gut lesen, für mein Empfinden werden sie in der Praxis von der exzellent ausgeführten herkömmlichen Bauweise in Nikons HGs weit übertroffen. Da Nikon den Durchgriff jetzt abgekupfert hat, bin ich gespannt, ob das größere „Ingenieurpotential“ eines auch personell viel größeren Herstellers die damit verbundenen Fokussierprobleme besser hat lösen können, als Swarovski es bisher vermochte. Von den zu erwartenden optischen Qualitäten dank dielektrischer Verspiegelung und den vermutlich günstigeren, weil dünkelfreien Preisen Nikons ganz zu schweigen…
3-mal bearbeitet. Zuletzt am 22.07.08 23:03.