Da hatte ich mich verschreiben, denn als plankonvexe Linse wäre es ja gar keine Zerstreuungs-, sondern eine Sammellinse. Glücklicherweise hatte ich aber auch „Zerstreuungslinse“ geschrieben.
Daß man in heutigen Ferngläsern nicht die Smyth-Linse in „reiner Form“ als Plankonkavlinse einbaut, hatte ich ja schon gesagt, wenn auch nur mit Hinweis auf die Probleme, die bei Glas-Luft-Flächen in oder sehr nahe der Zwischenbildebene entstehen. Natürlich kann man, wie ich schon mit dem Einbeziehen des Bildfeldebnungslinse in die Rechnung von Objektiv oder Okular andeutete, bei Variation der Form zusätzliche Freiheitsgrade gewinnen, von denen aber wahrscheinlich ein gewisser Teil nicht der Verbesserung des Gesamtsystems zugutekommt, sonder aufgewandt werden muß, um das Bildebnungssystem ohne die unerwünschte Nebenwirkung einer Bildverschlechterung einzufügen, also kompatibel zu machen.
Der Hinweis auf die zugleich bewirkte Verlängerung des AP-Längsabstandes ist gut; ich hatte das auch schon schreiben wollen, es dann aber vergessen, als ich den langen Text schrieb. Dieser Effekt tritt nicht nur bei dem von Dir genannten Fujinon auf (schön, daß Du so ein gutes Beispiel gefunden hast!), sondern gilt generell und läßt sich wie folgt erklären:
Die in gewissem Abstand hinter dem Okular als frei schwebendes helles Scheibchen erscheinende Austrittspupille ist nichts anderes als das vom Okular erzeugte reelle Bild der Fernglas-Eintrittspupille (= Objektivöffnung). Genau genommen ist es nicht allein das Okular, das dieses Bild erzeugt, sondern es wirken dabei auch alle anderen zwischen der (physischen) Eintrittspupille und dem Okular liegenden Linsen mit, und zwar um so mehr, je näher sie dem Okular stehen, also evtl. bereits die zweite und, falls vorhande, auch die dritte Objektivlinse und bei Ferngläsern mit Innenfokussierung vor allem, weil viel näher am Objektiv und weiter weg von der Eintrittspupille, die Fokussierlinse. Wenn nun mit einer Smyth-Linse oder einer etwas anders geformten, aber immer konkaven Bildfeldebnungslinse dem Okular noch so etwas wie eine „Brille für Kurzsichtige“ vorgesetzt wird, dann geschieht dort auch derselbe Effekt, den die Brille bei Kurzsichtigen bewirkt: Das scharfe Bild im Auge des Kurzsichtigen, das ohne Brille VOR der Netzhaut entsteht, weil der Augapfel zu lang für die Brennweite ist, wird durch die Zerstreuungslinse in der Brille weiter nach hinten verlagert, damit es genau AUF die Netzhaut fällt. Also bewirkt auch die „Smyth-Kurzsichtigenbrille“ des Okulars, daß die AP als das vom Okular erzeugte scharfe Bild der EP ebenfalls weiter nach hinten verlagert wird, und das heißt nichts anderes, als daß sich der AP-Längsabstand vergrößert.
Die von mir schon erwähnte Notwendigkeit, den Okulardurchmesser dann zu vergrößern, hängt ebenfalls mit dieser Verlängerung des AP-Längsabstandes zusammen. Denn wenn die eingefügte Bildfeldebnungslinse dazu führt, daß die Randstrahlen des Zwischenbildes von weiter außen ins Okular EINfallen, dann müssen Sie auch auf der anderen Seite weiter außen AUSfallen. Und daß dann, wenn das Auge aus größerer Entfernung (= bei größerem AP-Längsabstand) durch ein Loch (= Öffnungsdurchmesser der letzten Linse) schaut und ebensoviel sehen will wie zuvor, das Loch größer als vorher sein muß, ist nichts anderes als die Kehrseite dieser Medaille. Das heißt, daß man immer zum gleichen Ergebnis eines größeren Okulardurchmessers kommt, egal ob man die Sache von vorn, also ausgehend von der Bildfeldebnungslinse, oder von hinten betrachtet, also vom Auge in weiterem AP-Längsabstand.
Walter E. Schön