Nicht nur die Okulare selbst, sondern auch die Augenmuscheln und das Gehäuse können erheblich zu dem Problem der Begrenzung des minimalen Pupillenabstands beitragen. Der Hinweis auf die Geometrie des Zeiss 8x60 hat mich auf die Idee gebracht, die Situation am Zeiss Victory 8x56 FL einmal zu untersuchen.
Der Außendurchmesser der Okulargehäuse beträgt ca. 37 mm, der größte Durchmesser der ausziehbaren Augenmuscheln mißt jedoch ca. 42 mm, etwa soviel wie der Durchmesser am Beginn des Gehäuses bzw. der dort zur Nase hin überstehenden Gummierung. Ohne Kenntnis darüber zu haben, wo beim Durchschnittsgesicht die engste Stelle zwischen Nase (besser Gesicht) und Fernglas (besser optischer Achse durch den Pupillenmittelpunkt) zu erwarten ist, läßt sich jedoch feststellen, daß es sich nicht um ein eindimensionales Problem handelt, da das Gesicht in Blickrichtung mehrere potentielle Kollisionsstellen mit dem Fernglas bereithält, gleiches gilt ebenso für das Fernglas. Diese Kontakte können noch dazu auf unterschiedlichen Durchmessern auftreten.
Fotos meiner Nase im Victory 8x56 FL zeigen, daß bei mir die engste Stelle zwischen Glas und Gesicht im Bereich Nasenwurzel und Augenhöhle liegt, dicht gefolgt vom Bereich des Nasenhöckers (ich meine die Verdickung unterhalb der Nasenwurzel). An beiden Stellen kommt das Gesicht ausschließlich mit den Augenmuscheln in Kontakt, nicht jedoch mit dem Okulargehäuse selbst. Vereinfachte Spaltmessungen mit Kunststoffstreifen kommen zum gleichen Ergebnis. Der Bereich zwischen Nase und Gehäuse oder Okularkörper ist also weniger kritisch. Etwa 5 mm Pupillenabstand - das sind ganze 5 mm Okulardurchmesser(!) -werden für die herausdrehbaren, mehrfach rastenden, stabilen, aber dabei angenehm weichen Augenmuscheln geopfert, die allerdings in dieser Ausführung ein Alleinstellungsmerkmal des Victory darstellen, welches ich nun auch nicht missen möchte.
Was könnte man – ersteinmal ohne Betrachtung von Mehrgewicht und Mehrpreis für die Verbesserung der Randschärfe – zur Lösung dieses Teilproblems tun? Der Nebeneffekt der Verlängerung des Austrittspupillenlängsabstands beim auf Randschärfe optimierten Okular mit größerem Durchmesser läßt sich ja nicht dafür ausnutzen, die dickere Optik ’aus der Nase zu ziehen’, wenn doch die Augemuschel dafür mitverlängert werden muß, um eine stabile Anlage des Gesichts zu erzielen. Dies gilt allerdings nur, wenn die Augenmuschel einen größeren Durchmesser als der Okularaußendurchmesser hat. Die alten Gummistülpaugenmuscheln haben hier wohl deutliche Vorteile. Gibt es neuartige Lösungen, wie vielleicht dünnwandige Augenmuscheln mit Teleskopauszügen aus Verbundwerkstoffen (Grundkörper aus faserverstärktem Kunststoff mit Kautschukbeschichtung o.ä.)?
Viele Grüße aus Berlin,
Jan Münzer