Holger Merlitz schrieb:
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> Fuer Leute wie mich ist das unfair: Ich brauch
> kein wasserdichtes Fernglas, ich kann auf mein
> Geraet aufpassen. Ich moechte auch nicht 800 Euro
> extra fuer hochwertige Beschichtungen, praezise
> geschliffene Prismen etc. ausgeben. Ein Porro
> haette all das schon eingebaut. Aber das wird
> niemandem gesagt, also ist der Markt hochwertiger
> Porros mikroskopisch klein, vielleicht wird er in
> ein paar Jahren ganz verschwunden sein.
Ich stimme dem weitgehend zu, aber eben nur weitgehend. Natürlich *muss* ein Glas für die Naturbeobachtung nicht wasserdicht sein, früher hat ja auch kaum jemand mit einem wasserdichten Porro beobachtet, einfach weil für die Vogelbeobachtung ein Mitteltrieb einfach besser ist. Mein erstes ordentliches Glas war ein Zeiss Jena 10x50. Das war natürlich nicht wasserdicht, und das ging auch.
Es ist jedoch für Vogelbeobachter zweifellos ein Vorteil, wenn ein Glas wasserdicht ist, auch in unserem Breitengraden, nicht nur in den Tropen. Selbst das (nicht wasserdichte!) Zeiss 10x40 mit seiner Objektivlinsenfokussierung war gegenüber den normalen Porros ein Fortschritt, denn wenn man es im Regen beim Beobachten so hielt, dass kein Wasser zwischen die Objektivlinsenfassungen und das Gehäuse lief, konnte man bei Dreckwetter eher beobachten als mit einem der üblichen Porros damals. Dennoch habe ich es einmal erlebt, dass auf Helgoland im Herbst nach drei Tagen Sauwetter mit treibendem Regen und Weststurm diversen Leuten ihre Zeissgläser absoffen. Nicht zu beobachten, um das Fernglas zu schützen, wäre natürlich eine Möglichkeit gewesen, aber wenn draußen vor Nord Raubmöwen und Pelagen durchziehen, guckt man auch bei solchem Wetter.
Das war meines Erachtens der Hauptgrund für den großen Erfolg der Leica Trinovid Serie Anfang der 90er Jahre, die Gläser waren extrem robust und absolut wasserdicht. An der Optik kann ihr Erfolg jedenfalls nicht gelegen haben, das Trinovid 10x42 BA mit seinen deutlichen Farbrändern war optisch schwächer als das Zeiss 10x40 BGATP, das Trinovid 7x42 BA schwächer als das Zeiss 7x42 BGATP. Und schwerer waren die Leicas auch. Dass soviele Beobachter damals umgestiegen sind, nicht nur in Deutschland, sondern auch im United Kingdom und den USA, hatte meines Erachtens vor allem etwas damit zu tun, dass die Leicagläser wirklich dicht waren. Für Vogelbeobachter ist das ein klarer Vorteil.
Nun kann man argumentieren, dass die Vogelbeobachter nur ein kleines Marktsegment sind. Es war und ist zweifellos aber auch von den Zahlen her ein bedeutendes Marktsegment, und wenn die Leitwölfe der Birdingszene auf wasserdichte Gläser umsteigen, ziehen sie einen Teil der Schönwetter- und Gelegenheitsbeobachter mit.
Wo ich selber stehe? Ich ziehe von der Optik her im Prinzip Porros vor, da ich das plastischere Bild sehr deutlich wahrnehme. Außerdem sehe ich nicht ein, die heutigen exorbitanten Preise für Dachkantgläser der Spitzenklasse zu zahlen, das geht mir gegen den Strich. Ich fände es daher gut, wenn es ein paar mehr ordentliche Porros gäbe oder z.B. Nikon oder Swarovski noch ein bisschen in ihre Porros investierten, um sie etwas mehr auf den Stand der Dinge zu bringen. Nur wird das nicht passieren, fürchte ich.
Hans