Hallo Ulli,
man muß davon ausgehen, dass die Bildqualität innerhalb der AP-Fläche zum Rand hin abnimmt. Je größer also die AP, desto schwieriger wird es für die Konstrukteure, die Bildqualität am Rand hochzuhalten. Bei den meisten linsenoptischen Systemen, z.B. auch Fotoobjektiven, ist das deswegen so, weil ja die verschiedenen prinzipiellen Bildfehler jeder einzelnen sphärischen Linse zum Rand hin zunehmen. Sphärische Linsen liefern nur in einem mehr oder weniger engen Gebiet um ihre optische Achse herum eine ideale Abbildung, und der beträchtliche Konstruktionsaufwand moderner Objektive ist im wesentlichen auf die Anstrengungen zurückzuführen, mit raffinierten Linsenkombinationen die randnahen Fehler der Einzellinsen in der Summe zu minimieren. Die geschickte Wahl von Glassorten, Brechkräften, Dicken, Formen und Abständen der Linsen oder Platzierung von Blenden verringert zwar die Aberrationen, völlig aufheben kann man sie aber nicht. Da man bei Ferngläsern ein großes Sehfeld, ein geringes Gewicht und hohe Transmission anstrebt, muß man ein gewisses Maß an Fehlern akzeptieren, die zum Rand hin zunehmen.
Nun erklärt die Tatsache allein, dass zum Rand einer AP hin die Bildqualität nachlässt, noch nicht den Befund, dass die Bildfehler noch einmal zunehmen, wenn man dieses randfehlerbehaftete Bild nicht aus perfekt zentrierter Position, sondern seitlich leicht versetzt anschaut. Zur Veranschaulichung deshalb ein grobes Modell:
Wir fassen die zum Rand hin zunehmenden Bildfehler gedanklich und graphisch als ineinanderliegende Kegel auf, von deren gemeinsamer Spitze aus wir das Bild betrachten. Man kann sich einen Schnitt durch diese ineinanderliegenden Kegel vorstellen, der dann einen Fächer ergibt. Bei diesem Fächer sollen die Streben entlang eines Kreisbogens um die Fächerspitze aber nicht gleichweit voneinander entfernt sein, sondern nach außen hin immer weiter voneinander entfernt verlaufen, um die zunehmende fehlerbedingte Aufweitung eines Bildpunktes zum Rand hin darzustellen. Der Fächer sieht also etwa so aus, wie einige übereinandergelegte V mit verschieden großen Öffnungswinkeln, die aber ihre Spitze gemeinsam haben. Dabei soll der Öffnungswinkel der verschiedenen V-s nach außen nicht gleichmäßig sondern überproportional zunehmen, um die nach außen zunehmdenden Bildfehler zu visualisieren.
Um die Fehler im Bild und ihre Zunahme zum Rand hin zu sehen, betrachten wir erneut den Kreisbogen um die Fächerspitze. Dieser schneidet die Fächerstreben stets senkrecht, wobei die Länge der Kreisbogensegmente zu höheren Offnungswinkeln unserer Kegel-Vs hin anwächst, so wie die Bildfehler zum Rand eines Bildes hin. Wir können uns also das Bild als Bildkugelschale vorstellen, die von unserem Kreisbogen mit seinen Segmenten durchschnitten wird. Schauen wir von der Fächerspitze auf die Bildschale, sehen wir die zum Rand anwachsenden Bildfehler als länger werdende Segmente. Verlässt man nun die Fächerspitze und damit den idealen Beobachtungspunkt, und betrachtet den Kreisbogen von einen Punkt seitlich versetzt dazu, d.h. blickt man nicht mehr zentriert sondern dezentriert durchs Okular, kann man die Zunahme bzw. Veränderung der Bildfehler sehen. Man muß nur die Länge und Lage der Kreisbogensegemente aus der neuen Blickrichtung betrachtet vergleichen mit der aus der alten,also der des Kreises um den idealen Beobachtungspunkt in der Fächerspitze. Man sieht in diesem groben Modell, wie sich dabei sowohl die Lage und das Muster der Bildfehler (resp. Kreisbogensegmente), wie auch ihr Ausmaß verändern. Da man jetzt die Fächerabstände von einer anderen seitlich versetzten Position aus betrachtet, und nicht mehr entlang der Idealachse, verschiebt und verzerrt sich das fehlerminimierte Gesamtmuster aus der idealen Beobachterposition mit zunehmender Seitwärtsbewegung der Einblickposition. Je größer die AP, desto größer ist bei Tagbeobachtung die mögliche Dezentrierung der Augenpupille und desto stärker nehmen dabei die möglichen Abbildungsfehler zu. Die
Mit diesem groben und einfachen Gedankenmodell bekommt man auch eine anschauliche Vorstellung davon, wie wichtig eine gute Zentrierung von Linsen ist: stehen die Kegel der verschiedenen Linsenfehler aller Linsen nicht genau genug in einer gemeinsamen Spitze, bewirkt die Dezentrierung der Linsen eine Zunahme der Bildfehler. Das gilt nicht nur für die monochromatischen Fehler (also die fünf sog. Seidel'schen Fehler dritter Ordnung, Koma, Verzeichnung, sphärische Aberration, Astigmatismus und Bildfeldwölbung), sondern auch die chromatischen Aberrationen (den Farblängs- und den Farbquerfehler). Auch wenn es sich nur um ein selbst zusammengeschustertes und grob vereinfachtes graphisches Gedankenmodell handelt und die Dinge in Wirklichkeit anders und um einiges komplizierter liegen werden, gibt das Ganze m. E. doch vielleicht eine Ahnung von den Zusammenhängen.
Viele Gruesse
PS.: Mit einem ähnlichen Modell liessen sich übrigens auch manche Aspekte des Globuseffekts veranschaulichen, wie ich glaube. Da aber die Debatte damals hitzig zu werden drohte und Bestrafung für meine anderen Berieselungen schon angedroht war, bleibt es besser dabei, diese Idee und ihre Irrtümer nicht auch noch auszubreiten.
8-mal bearbeitet. Zuletzt am 01.03.09 02:29.