Holger Merlitz schrieb:
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> Mit einem echten Digitalfernglas meine ich ein
> Fernglas, das sein Bild ueber einen Sensor (hinter
> dem Objektiv) aufnimmt und auf einem kleinen LCD
> ("life view") Monitor vor dem Okular ausgibt.
> Vorteile:
>
> 1. Keine Prismen mehr noetig, was Kosten und
> Gewicht spart. Kollimation erfolgt direkt am
> Monitor.
Das eingesparte Gewicht wird man auch dringend benötigen, es kommt darauf an, welche Battterienutzungsdauer Sie erwarten.
>
> 2. Bildstabilisierung ist dabei, voll elektronisch
> und ohne bewegliche mechanische Teile.
Das ist sehr ambitioniert, welche Auflösung sollen Ihrer Meinung nach Sensor und Display haben?
> 3. Gute Eigenschaften bei schlechten
> Lichtverhaeltnissen. Man braucht keine schweren
> 7x50 Kloetze mehr in der Daemmerung.
Sie erwarten also sehr kleine und trotzdem rauscharme Sensoren, die dann auch noch extrem sparsam sind? Sicher ist dann die Angabe 7x50 nicht sinnvoll, aber 40-50 mm Öffnung würde ich nicht ausschliessen wollen, es hängt davon ab, welche Auflösung bzw. sinnvolle Maximalvergrößerung Sie anstreben. Wollen Sie nur digital vergrößern oder sollen es Zoomobjektive werden?
> 4. Natuerlich kann man auch Fotos und Videos
> aufnehmen.
Sicher, sonst ist die Zielgruppe zu klein
> 5. Weitwinkel ist kein Problem - die Prismen,
> normalerweise der begrenzende Faktor beim
> maximalen Sehwinkel, sind ja weg. Man erhaelt
> kompakte und leichte Weitwinkelfernglaeser.
An dieser Stelle sei der Hinweis erlaubt, dass die Objektive ein bestimmtes Feld ausleuchten. Wenn Sie einmal die typischen Fernglasobjektive daraufhin untersuchen, dann fällt auf, dass die Prismen nur ein limitierender Faktor sind. Größere Felder erfordern Mehraufwand und Mehrgewicht, sollen die auxeraxialen Fehler nicht unerträglich groß werden.
> 6. Digital Zoom - beschraenkt durch die Aufloesung
> des Sensors, aber 2-3x duerfte kein Problem sein
> und reicht voellig aus bei Handfernglaesern. Zoom
> Okulare mit all ihren Nachteilen sind nicht mehr
> noetig.
Ja, denn man muß ja auch junge Verbraucher ansprechen. Es wird jede Menge Sonderfunktionen geben, sicher auch GPS, falls man sich mal verlaufen hat, Handy usw. Wenn man sich entschließt, eine Batterie mit zu führen, dann wird natürlich gemacht werden, was geht.
> 7. Die Verzeichnung laesst sich elektronisch
> manipulieren. Betrachtet man Architektur, will man
> ein verzeichnungsfreies Bild, beim Pferderennen
> braucht man eine leichte kissenfoermige
> Verzeichnung wegen des Globuseffekts, die in der
> Astronomie noch staerker sein kann. Digitale
> Fernglaeser werden verschiedene voreingestellte
> "Beobachtungsmodi" haben, aehnlich wie digitale
> Kameras.
Bitte vollautomatisch, schließlich wollen wir dem Anwender keine komplexen Entscheidungen zumuten.
>
> Die groesste Herausforderung duerfte in der
> Konstruktion eines ausreichend guten "life view"
> Monitors liegen. Meine Vorhersage: Solche
> Fernglaeser tauchen in 3 Jahren auf, und in
> weniger als 10 Jahren werden sie zu einer
> ernsthaften Konkurrenz fuer die konventionellen
> Premiumglaeser. Ist das realistisch?
Die ersten, einfachen Modelle stehen bereits in den Startlöchern. Hier können wir Hersteller aus der 2. und 3. Reihe erwarten, die sich ihre Kunden in den Elektronikmärkten suchen. Die digitalen Ferngläser werden unübersehbare Mängel bei der Farbwiedergabe und der Auflösung haben, die werden weder wasserdicht noch besonders haltbar sein, aber so wird es beginnen und es wird ein Verkaufserfolg, da bin ich ganz sicher.
Dann wird man die Anwender ansprechen, die sich von einer Bildaufhellung Vorteile versprechen und die anderen Nachteile in Kauf nehmen werden. Ich denke an Jäger, Polizei und Überwachungsaufgaben.
Schwieriger wird es, bis die Ästheten mit der Farbwiedergabe der Displays einverstanden sind.
Es wird aber so kommen.
> Viele Gruesse,
> Holger Merlitz
>
Werner Jülich