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Auflösung in Bildmitte.
Swarovski vor Nikon/Steiner/Zeiss, hier wirkt sich die 0,5fach stärkere Vergrößerung aus.
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Darf man dem Lesetest überhaupt so viel Vertrauen schenken, daß eine solche Aussage möglich ist? Hier ist die Auflösung doch ausschließlich durch das Auge begrenzt: Eine (funktionierende) 42mm Optik sollte auf der Achse ein Auflösungsvermögen von unter 3 Bogensekunden haben, bei 8x Vergrößerung wären die noch eben darstellbaren Strukturen nicht einmal halb so groß, wie sie das maximale Auflösungsvermögen des Auges unter Idealbedingungen darstellen kann. Ich sehe einfach keine rationale Begründung dafür, daß man mit solch einem Test das Leistungsvermögen funktionierender Ferngläser unterscheiden kann. Es sei denn, es gibt fundamentale Fehler in der Optik, etwa ein schlecht abgestimmter P-Belag ...
Sicher könnten die Ferngläser unterschiedliche Vergrößerungen aufweisen (das Swaro ist damit entschuldigt!), auch abweichend von der Spezifikation, aber wären ein paar % wirklich ausschlaggebend? Die Messung der Vergrößerung über die Austrittspupille ist übrigens, abgesehen von den unvermeidbaren Ungenauigkeiten bei der Vermessung der Austrittspupille, noch aus anderen Gründen unzuverlässig, weil nicht selten eine Blende so knapp dimensioniert wird, daß auch schon mal ein paar % des Lichtbündels beschnitten werden.
Nun ist es ja so, daß bei Beobachtungen am Tage die Augenpupille deutlich kleiner sein kann als die Austrittspupille. Das Auge hat im Schnitt seine optimale Auflösung (etwa 60 Bogensekunden bei optimalem Kontrast) bei einem Pupillendurchmesser um die 3mm. Bei größeren Pupillen nehmen die Aberrationen schnell zu, bei kleineren Pupillen wird das Sehen allmählich beugungsbegrenzt. Sollte also die Augenpupille bei Beobachtung mit dem einen Fernglas anders sein als mit einem anderen (weil dieses Fernglas vielleicht ein helleres Bild hat), dann könnten theoretisch auch geringe Differenzen im Gesamtauflösungsvermögen auftreten, wenn die Augenpupille dabei auf deutlich unter 3mm fällt und das Sehen damit beugungsbedingt begrenzt ist. Bei einem anderen Beobachter mögen die Abbildungsfehler der Pupille dominieren, und diese profitieren dann von kleineren Pupillen. So oder so, es ist stets das individuelle Auge, das über gut oder schlecht entscheidet.
Hier sollte man wirklich mal Versuche mit einer größeren Anzahl von Versuchspersonen durchführen, um zu testen, ob man nicht eventuell nur Zufallsergebnisse erhält. Vielleicht liegt es bereits an kleinen Ungenauigkeiten bei der Fokussierung, die zu einer (zufälligen) Entscheidung für oder gegen ein bestimmtes Modell führt. Jedenfalls ist es mir in eigenen Versuchen bisher nicht geglückt, die Mittenschärfen guter Ferngläser in Lesetests wirklich reproduzierbar zu unterscheiden (von schlecht korrigierten Billiggläser sehen wir mal ab...). Momentan steht für mich daher die These:
Der Versuch, das Auflösungsvermögen eines Fernglases mit einem Lesetest zu bestimmen, führt bei funktionierenden Optiken zu entweder individuellen (subjektiven) oder sogar rein zufälligen Ergebnissen.
Viele Grüße,
Holger Merlitz