Hallo Holger
2a) Zwischen erkennen und raten streng zu unterscheiden scheint mir zu den Wahrnehmungsgrenzen hin nicht mehr angemessen. Da unten gibt es eben prinzipiell kein eindeutiges ja/nein Erkennen mehr. (Vielleicht ist das gar nicht mal von ungefähr eine Parallele zur Quantentheorie, makroskopische Quanteneffekte sind ja gerade en vogue :-)) Die Fragestellung beim Jülich-Test scheint mir umgekehrt nicht prinzipiell komplexer als bei standardisierten forced-choice-Tests: wenn sich der Proband intuitiv auf ein bestimmtes Detail beim Vergleichen festlegt, wie es wohl die meisten machen, und dann mehrfach hin und her wechselt, könnten der einfache besser/schlechter-Vergleich und das visuelle Gedächtnis für Präferenzen womöglich reichen.
2b) Gehen wir aber mal davon aus, dass die Faktoren Erwartungshaltung, Preis, Firmenlogo und Chefberatung die Ergebnisse ganz massiv beeinflussen. Inwieweit der "Jülich-Test" auch ohne solche Einflüsse tatsächlich noch verlässliche stabile Präferenzen lieferte, müsste man deshalb erst mal mit einem Blindtest prüfen. (Ob daran und am nötigen Aufwand die Beteiligten echtes Interesse hätten ist natürlich fraglich - schnelle subjektive Wahrheiten und nicht zu lange Kaufentscheidungen machen alle leichter glücklich :-) Für eine reproduzierbare Reihenfolge müßte man aber nicht notwendig weit über die 50%-Schwelle kommen, wie Du meinst. Wenn genügend Zeit für viele Durchgänge ist, kann man die "Trennschärfe" des Tests mit der Zahl der Durchgänge genügend klein machen, d.h. immer knapper, aber eben noch signifikant, über die nötigen 50% kommen. (Für ein alpha mit 10% Signifikanzniveau heisst dass z.B. es reichen 8 von 10 Treffern, bzw. 20 von 30 oder 25 von 40 usw. Der für Signifikanz nötige Treffer-Anteil wird mit der Durchgangszahl also immer kleiner, während der klassische Test unabhängig von der Zahl der Durchgänge immer die volle Quote fordert. Vielleicht fährt analog die Signalverarbeitung des Wahrnehmungssystems beim Abscannen des Motivs je nach dessen Anforderung unterschiedlich viele Durchgänge).
3) Freihand, klar, hatte ich nicht bedacht, setzen wir also alle Auflösungswerte um die von Dir genannten 30% nach oben:
durchschnittliche Augen binokular freihand ca. 52"
überdurchschnittliche Augen binokular freihand ca. 42"
junge Augen binokular freihand ca. 31"
junge überdurchschnittliche Augen binokular freihand ca. 25"
prinzipielles Limit bei Linienauflösung monokular stabilisiert ca. 18" (binokular vielleicht 15" ?)
Ich nehme an die 30% Verwacklungs-Abschlag sind bei Lesetests mit eindeutiger Erkennung ermittelt worden, mit forced-choice-Methodik wären es wahrscheinlich einige deutliche Prozentpunkte weniger, die Auflösungswerte also etwas besser. Aber egal, die Werte oben könnten auch so immer noch reichen, um einige Leute die Unterschiede der verglichenen Modelle freihand erkennen zu lassen. Könnten. Deine Skepsis bleibt berechtigt, man bräuchte unvoreingenommene Messungen. Vielleicht den FrACT über eine Teststrecke von 40-50m mit unkenntlich verpackten Ferngläsern und genügend scharfsichtigen Probanden mit genug Zeit für viele Durchgänge... Machbar, aber sehr aufwändig, und wen, außer uns Verrückten, würde es groß interessieren?
Gruß
2-mal bearbeitet. Zuletzt am 31.08.11 21:34.