Grundsätzlich würde ich Ihnen als Ergänzung zum 8x30 und für Ihren Einsatzzweck eine möglichst hohe Vergrößerung empfehlen, denn Sie werden hohe Distanzen überbrücken müssen. Weniger als 15fach wird Sie vermutlich ziemlich enttäuschen, 20fach wäre besser, dürfte aber binokular mangels Alternativen in Bezug auf Qualität, Gewicht und Preis nicht oder nur dann realisierbar sein, wenn Sie einige Kröten schlucken können. Dazu unten mehr.
Zu den hochvergrößernden stabilisierten Gläsern kann ich aus eigener Erfahrung nichts sagen, aber Sie haben ja dazu schon etwas lesen können. (Für mich persönlich wäre ein stabilisiertes Glas mit einer geringen Vergrößerung, die ich auch bequem freihand halten kann, also bis einschließlich 10fach, ziemlich witzlos, aber das mag individuell verschieden gesehen werden).
Unter den unstabilisierten 15fach Dachkantgläsern gäbe es noch zwei wasserdichte Alternativen über die Sie mit der Suche-Funktion des Forums mehr erfahren können: Das Zeiss Conquest 15x45 und das Swarovski 15x56, das angesichts seines Preises aber nur gebraucht in Frage käme. Das Zeiss ist sehr kompakt und wunderbar leicht, hat eine fabelhafte Nahgrenze, aber leider ein allenfalls akzeptables Sehfeld, was bei hoher Vergrößerung die Objektsuche schwieriger macht, und ist optisch ganz brauchbar, aber nicht überragend. Das Swarovski bietet ein schönes großes Sehfeld und die bessere Abbildungsqualität, hat aber eine etwas höhere Nahgrenze und ist nicht nur teurer, sondern auch schwerer. Allerdings sind seine knapp 1300g noch deutlich unter der von vielen als handhabbar empfundenen Grenze von 1500g für Freihandbeobachtung. Wenn Sie ein Gebrauchtangebot finden und den Mut zu einem Gebrauchtkauf aufbringen können, würde ich Ihnen bei einem Dachkantglas eher zum Swarovski raten, aber das Zeiss hat auch seinen Charme, denn man nimmt es leichter mit.
Wie gut man mit hohen Vergrößerungen unstabilisierter Gläser freihand zurechtkommt ist eine höchst individuelle Angelegenheit, die Sie selbst erkunden sollten. Testen Sie wenn irgend möglich nicht nur kurz im Laden, sondern geben Sie sich für das Erlernen der Handhabung länger Zeit, vielleicht mit einem geliehenen Glas. Greifen Sie das Glas mit versetzten Händen, eine okularnah und zum Fokussieren, die andere am gegenüberliegenden Objektiv möglichst weit vorn. Dieser Diagonalgriff (angeblich aus Wehrmachtszeiten) bringt eine bessere Bildruhe mit sich. Lernen Sie, mit welcher Augenmuscheleinstellung und welchem Anpressdruck Sie das Glas in dieser Haltung gut an Ihrem Gesicht abstützen können. Manchmal kann sogar der Tausch von Augenmuscheln, den einige Hersteller anbieten, überraschende Verbesserungen bringen.
Damit Sie unterwegs vom Wagen aus ruhig beobachten können, würde ich Ihnen für das Swarovski oder jedes andere Glas mit Stativgewinde (das Zeiss hat leider keins) eine Art Klemmstativ mit Schnellkupplung empfehlen. Es gibt z.B. von Herstellern wie Manfrotto, Novoflex, Cullmann oder Triton usw. Klemmzwingen, auf die sie einen Kugelkopf oder besser noch einen Pistolengriffkugelkopf mit Schnellkupplung aufschrauben können. Wenn Sie diese Konstruktion an einer heruntergekurbelten Scheibe, einer Reling des Wagens oder etwas ähnlichem anbringen, läßt sich das Glas bei einem Beobachtungshalt mit seinem Kupplungsadapter rasch auf- und absetzen. Auch ein leichtes Einbeinstativ ist für solche Stops nicht dumm, denn Sie können es besser auf Ihre Beobachtungshöhe im Sitzen oder Stehen einstellen, die Klemmstativlösung ist ja vom Wagen und Ihrem Platz darin abhängig.
Sie können hier im Forum immer wieder lesen, Gläser mit hohen Vergrößerungen über 10fach lieferten freihand aufgrund mehr Unruhe zunehmend weniger Auflösung und Bildinformation, weshalb man mit niedrigeren Vergrößerungen handgehalten sogar mehr erkennen könne. Für mich ist das aus eigener Erfahrung so völlig unzutreffend, dass ich darüber nur staunend den Kopf schütteln kann. Ich beobachte oft und gerne freihand mit einem billigen leichten 20x70 Porro und kann damit um Welten mehr erkennen als mit jedem noch so Weltklasse 10fach-Glas. Wenn diese Alternative für Sie ebenfalls in Frage käme und Ihnen vorsichtige und sorgfältige Handhabung auch und gerade bei einem sehr preiswerten Glas möglich sind, dann hätte ich noch einen Tip, über den hier viele andere sicher voller Abscheu die Nase rümpfen werden:
Im riesigen (und größtenteils vermutlich eher mäßigen) Angebot des chinesischen Herstellers United-Optics gibt es ein optisch sehr gutes und mit 1300g sehr leichtes Großfernglas mit 70mm Öffnung, das als 15 oder 20fach Variante erhältlich ist. Die Gläser kommen leider mit beträchtlicher Serienstreuung was Justage und Vergütung angeht, und sind von vielen Händlern neben mechanischer Unzulänglichkeiten nicht zuletzt deshalb hierzulande aus dem Sortiment verbannt worden. Wenn Sie bei einem seriösen (Astro-)Händler ein Exemplar mit Garantie finden und am besten selbst ausprobieren können, der Preis sollte neu nicht viel über 100 Euro liegen, werden Sie bei guter Kollimation über die optische Qualität verblüfft sein. Achten Sie nicht nur auf die Fokussierung und die gute grüne Vergütung der Außenlinsen, sondern schauen Sie durch die Objektive unter verschiedenen Winkeln auf die Umkehrprismen im Tubus, um auch deren Vergütung herauzufinden. Es gibt leider von weiß (also überhaupt nicht) über blau (einfach) bis hin zu grün (mehrfach) alle Varianten, die sich demzufolge auch beim ebenso eleganten wie einfachen Schön'schen Papiertest unterschiedlich verhalten.
Es gibt das Glas auch in einer etwas teureren Variante als "National Geographic 20x70". Von dieser Gesellschaft wird es mit stoßfester Tasche, besserer Nahgrenze und weiterem Zubehör ausgestattet ausdrücklich für Safaris angeboten, obwohl das Glas zwar gummiarmiert, aber weder wasserdicht noch extrem robust ist. Angesichts des dort höheren Preises und des klangvollen Namens gehe ich davon aus, dass es sich bei diesem Angebot um selektierte Gläser handelt, die man ohne großes Risiko per internationalem Versand kaufen kann. (Der Preis ist inzwischen von ehemals 300 auf 130 US-Dollar gefallen, was das Risiko trotz Zoll und Versand weiter erträglich macht. Selbst wenn eine Kollimation beim Fachmann nötig sein sollte, wäre das alles immer noch kein allzu teurer Spaß.) Es empfiehlt sich, das Glas ohne Tragriemen einzusetzen, denn dann sind Sie sinnvollerweise gezwungen, es stets bei Nichtbenutzung in einer (möglichst stoßfesten) Umhängetasche aufzubewahren. So mindern Sie das Risiko, mit einem umgehängt pendelnden ungeschützten Glas irgendwo anzuschlagen und halten die Staub und Schmutzbelastung gering.
Paradoxerweise werden absolute Spitzengläser meist übervorsichtig behandelt, obwohl sie ja eigentlich für härteste Belastung ausgelegt sein sollen, während leichtgewichtigen preiswerten Gläsern mangels Respekt oft viel zu viel zugemutet wird, so daß Enttäuschungen vorprogrammiert sind. Wenn man das gut justierte chinesische 70mm-Leichtbauporro wie oben genannt sorgfältig behandelt, kann man damit große Freude haben. Ich würde nicht zögern, meines nach Afrika mitzunehmen - selbst ein zweites Reserve-Exemplar wäre eine Überlegung wert, denn falls tatsächlich ein Glas kaputtgehen sollte, wäre nicht viel verloren. Wenn Ihnen aber Zeit und Lust zur Experimentierfreude fehlen und Sie Enttäuschungen oder Pröbelei unbedingt vermeiden wollen, greifen Sie lieber zum Angebot eines etablierten Herstellers. Das würde ich bei fortgeschrittenem Alter angesichts wertvollerer Lebenszeit und bei besserer Finanzlage auch tun. (Besonders, wenn diese Hersteller wenigstens _ein_ gutes unstabilisiertes 20fach-Glas anbieten würden... ) Afrika muß wundervoll sein - vielleicht können Sie uns über Ihre fernoptischen Abenteuer berichten.
2-mal bearbeitet. Zuletzt am 05.05.08 06:34.