Vielleicht zur Erläuterung ein paar Erfahrungen aus der Umgebung.
Einige von Ihnen kennen sicher die Insel Nonnenwerth mitten im Rhein zwischen Rolandswerth und Bad Honnef. Auf der Insel befindet sich eine größere Kolonie Graureiher, mit etwas Geduld entdeckt man gut 35 besetzte Nester verteilt auf 4 Baumkronen. Die Tiere lassen sich ungestört aus ca. 150 Metern Abstand vom Rheinufer aus beobachten, bevorzugt mit dem 15x60 von Zeiss. Fixiert man für eine längere Zeit ( geschätzte 20-30 Sekunden ) ein Nest, dann beginnt man zu zittern und die Beobachtungsgüte läßt stark nach. Ich kann daher aus Erfahrung feststellen, dass ich bei dieser Vergrößerung und mit diesem Gewicht nicht länger beobachten kann, jedenfalls nicht in der Qualität, die ich erwarte.
Ganz anders erlebe ich aber die Situation, wenn ich in kurzen Intervallen, beispielsweise zum Zählen, von Nest zu Nest schwenke, dort ausreichend lange verweile und dann weiter zum nächsten Nest schwenke. Der Vorgang kann durchaus etliche Minuten beanspruchen, es macht nicht viel aus, die Beobachtungsqualität bleibt wegen der wechselnden Belastung hoch. ein Glas mit deutlich geringerer Vergrößerung würde erfahrungsgemäß die Beobachtungsqualität beeinträchtigen.
Gleiches gilt, wenn ich einzelne Reiher auf dem Weg über unseren Ort verfolge, oder wenn ich der Ausseinandersetzung zwischen Bussard und Krähen zuschaue, den Bussard bei der Jagd beobachte usw. usw.
Analysiert man nämlich die Zitterbewegung, so hat diese offenbar nicht nur die Ursache in der Ermüdung durch die Gravitation, sondern es kommt mir so vor, als würde sich die Bewegung in einer Art PLL-Schaltung triggern und zwar ausgelöst von der Ortsabweichung auf der Netzhaut über das Gehirn hin zum Korrekturbefehl zum Armmuskel. Der Arm reagiert zeitverzögert, das Auge meldet die Soll/Istabweichung und das Spiel beginnt von vorn.
Es gab vor langer Zeit einmal einen Beitrag im Forum, den wir nachgestellt haben, nämlich eine kleine Videokamera mit C-Mountoptik wird auf das Fernglas montiert und der Beobachter bemüht sich, ein Ziel im Auge zu halten. Die anfangs stochastische Bewegung beginnt zu versklaven und wird wunderbar sinusförmig. Sie können NICHTS dagegen tun, es ist so als würden Sie gezittert und Sie stellen nur Ihren Bewegungsapparat zur Verfügung.
Nach meiner Erfahrung ist die Abbildungsgüte bei ruhigem Bild schneller beeinträchtigt als bei bewegtem Bild, es wäre daher interessant, wenn vielleicht der eine oder andere Leser den Versuch einmal wiederholen würde und dann vom Ergebnis berichten. Wie lange kann man den kreisenden Bussard verfolgen, wie lange kann man das ruhende Schild lesen?
Werner Jülich