Wer in ein Kaufhaus geht, der bekommt den Eindruck, dass Porros billige Fernglaeser minderer Qualitaet seien, und Dachkanten die besseren, moderneren (und natuerlich teuren) Fernglaeser. Selbst viele Verkaeufer vermitteln diesen Eindruck. Wenn Nikon seine Porros tatsaechlich ausstellen wuerde, dann haetten sie auch mehr Kundschaft dafuer. So wie es ist sieht es aber nach einer selbsterfuellenden Prophezeihung aus: Wir geben bei Porros kein Geld fuer Marketing aus, weil keiner diese Fernglaeser kauft, und in der Tat kauft dann keiner diese Fernglaeser.
Wieso sollte eine Edelfirma ihre Dachkanten einseitig bevorzugen? Vielleicht, weil hier die Gewinnmargen hoeher liegen? Diese extreme Preistreiberei, die man bei den Spitzenoptiken beobachtet, ist deshalb moeglich, weil es fuer die Konkurrenz nicht einfach ist, Dachkantfernglaeser in solch hoher Qualitaet zu bauen (oder nachzubauen, siehe China). Bei guten Porros haette es die Konkurrenz sicher leichter, in absehbarer Zeit zur Spitze aufzuschliessen. Also stellt man sicher, dass die Kunden ihre Top-Dachkanten bekommen und viel Geld dafuer bezahlen, anstatt gute Porros zu vermarkten, bei denen man dann staendig mit Konkurrenz und Preiskampf rechnen muss.
Ich moechte nicht missverstanden werden: Das Dachkantfernglas wuerde unter allen Umstaenden den Markt beherrschen, weil es kompakter ist und inzwischen auch sehr leistungsfaehig. Dennoch werden die Porros von den Edelherstellern systematisch ignoriert, und ich habe den Verdacht, dass hier nicht allein der Kundenwunsch eine Rolle spielt.
Viele Gruesse,
Holger Merlitz