So etwas muss man von Fall zu Fall entscheiden.
Grundsaetzlich sollte jede Idee, die patentierbar ist, auch geschuetzt werden. Dies sichert auf Jahre einen gewissen Schutz, viel laenger jedenfalls, als der Markt es gestatten wuerde. Ausserdem koennen Patente sehr eintraeglich sein. Es gibt Firmen, die machen mit einer Bande von Patentanwaelten mehr Gewinn als im operativen Geschaeft.
Es gibt, meist bei hochkomplexen Prozessen, etwa in der Biotechnologie, auch den entgegengesetzten Fall, dass bestimmte Prozessschritte absichtlich nicht patentiert werden, weil Patente offengelegt werden muessen.
Ein guter Kaufmann weiss sehr wohl zwischen Gewinnmaximierung und Gier zu unterscheiden (oder eben nicht, siehe Lehman Bros.).
Es waere dumm und kurzsichtig, den Kunden mit voellig ueberhoehten Preisen zu veraergern, etwa, indem man eine Situation ausnutzt, in der er keine Alternative hat. So etwas raecht sich meist.
Ebenso wenig ist es ratsam, es gross herumzuposaunen, wenn man ein lukratives Geschaeft betreibt, siehe Aldi oder De Beers.
Leider gibt es aber auch keine Garantie dafuer, dass ein moderater Preis Nachahmer davon abhalten wuerde, ebenfalls einzusteigen. Es kann immer sein, das ein Mitbewerber Interesse zeigt, z.B., weil er das wahre Marktpotential erkannt hat. Lukrative Nischen bleiben selten unentdeckt. Ein bischen Konkurrenz ist auch gar nicht so schlecht. Sie verhindert, dass man Rost ansetzt.
Die meisten wirklich starken Unternehmen streben jedenfalls die "Preisfuehrerschaft" an, d.h., sie nehmen, was sie kriegen koennen und gehen mit ihren Preises so dicht, wie es nur irgend geht, an die Schmerzschwelle des Marktes.
Es gibt da ja auch noch andere Moeglichkeiten, Wettbewerber abzuhalten, etwa, indem man als Grosskunde diskreten Druck auf Lieferanten ausuebt, bestimmte Spezialmaschinen oder Zwischenprodukte nicht an andere zu liefern. Es gibt unzaehlige gemeine Moeglichkeiten, anderen Knueppel zwischen die Beine zu werfen.
Wirklich entscheidend ist es aber, aus einer einzelnen profitablen Produktidee ein langfristiges Geschaeft aufzubauen.
Der deutschen Altana AG gelangt es etwa in den 90er Jahren, mit dem Medikament Pantoprazol einen sogenannten Blockbuster aufzubauen, ein patentgeschuetztes, sehr teures Medikament, das einen enormen Umsatz- und Gewinnschub generierte und nach und nach einen Grossteil des Umsatzes ausmachte. Trotz aller Anstrengungen (Pech kam dazu) gelang es dem Unternehmen nicht, in diesen fetten Jahren einen stabilen Produktnachschub aufzubauen, der zum Zeitpunkt des Patentablaufs die gewachsenen Kostenstrukturen haette tragen koennen. Der Boersenkurs verfiel, Altana wurde letztlich von einem eher unbedeutenden Konkurrenten geschluckt.
Um zum Fernglasmarkt zurueckzukommen. Ich denke, wir fuehren hier eine Diskussion, bei der es mehr um Nuancen und die "Sicht der Dinge" geht als um die eigentliche Sache, zumal es auch an Fakten zu Produktionszahlen und Kostenstruktur fehlt. Aus meiner Sicht ist ein Fernglas trotz wohl eher moderater Stueckzahlen ein industrielles Produkt, unter anderem auch, weil Hersteller wie Nikon oder Zeiss dem Mittelstand entwachsen sind und z.B. ueber eine eigene Entwicklung und ein professionelles Marketing verfuegen.
Die Alleinstellungsmerkmale eines hochwertigen Fernglases sind die ueberragende optische und mechanische Qualitaet bei geringem Gewicht, die ueber viele Jahre erworbene Reputation, ein hoher Statuswert, gepaart mit langjaehrigem Gebrauchswert und hoher Wertstabilitaet. Ausserdem ist es bei dem, fuer das es gebaut wurde, wahrnehmbar besser als billigere Produkte.
Moechte man Vergleiche anstellen, koennte man es betriebswirtschaftlich vielleicht mit einem Mikroskop vergleichen, weil sich die Kriterien aehneln.
Vergleiche mit anderen Produkten mit ganz anderen Merkmalen erlauben aber keine Rueckschluesse.
Das Hauptmotiv etwa, einen Schmuckdiamanten zu erwerben, ist Eitelkeit. Der Diamant dient keiner nuetzlichen Funktion. Der laecherlich ueberhoehte Preis ist das Produkt einer geschickten Verknappungspolitik eines ziemlich ruecksichtslosen Oligopols, gepaart mit einer geradezu genialen Taktik, um den Gebrauchthandel zu unterbinden. Denn der Pferdefuss des Diamanten ist ja gerade seine "Unvergaenglichkeit", es gibt jedes Jahr immer mehr davon. Wenn es einen funktionierenden Markt gaebe, muessten sie jedes Jahr billiger werden. Es gilt also zu verhindern, dass einer entsteht.
Eine "echte" Luxusuhr (also keine Rolex oder eine, die ein industrielles Werk verwendet) ist eben "Luxus", also Liebhaberei und/oder Eitelkeit. Dazu sollte man stehen, wenn man so was mag, nichts spricht dagegen, sich schoene Dinge zuzulegen, wenn man es sich leisten kann und will.
Der sehr hohe technische und konstruktive Aufwand, der hinter Komplikationen wie ewigem Kalender oder Tourbillon steckt, dient, wie hier schon erwaehnt, letzlich lediglich dazu, Praezisionskriterien zu erreichen, die mit anderen, ungleich preiswerteren Techniken bereits erreicht werden. Es sind handwerkliche Meisterleistungen, die aesthetisch ansprechend sind, aber letzlich sind sie ueberfluessig. Es ist wohl wie mit Fussball, schoenen Frauen und der Formel 1. Die Welt kann ohne sie leben, aber eben langweiliger.
Ausgangspunkt der Diskussion war die Frage "Was macht ein Markenglas so teuer". Auf diese Frage habe ich geantwortet, die Diskussion ist dann ein bischen zur Seite abgerutscht.
Es ist ja voellig unbestritten, dass ein Produkt, das "teuer" in der Herstellung ist, nicht "billig" im Verkauf sein kann, ansonsten haette man viele Kunden und der Ruin waere vorprogrammiert.
Die Frage ist dann, wie "teuer" genau dann der Endpreis sein kann. Und dabei schielt man eben nicht mehr auf die Herstellkosten, sondern, wie Herr Champollion voellig richtig bemerkt, auf den Markt.
Liegt er aufgrund harter Konkurrenz nur 50% (das heisst Kampfpreis, offenbar kaempft der Buchhandel in dieser Region, Respekt) oder 500% (I-Pod -Vermutung-) ueber den Gestehungskosten? Hier gilt es schlicht das Beste herauszuholen, was der jeweilige Markt hergibt. Was den Markt hochwertiger Fernglaeser angeht habe ich das Gefuehl, das sich die Preise (inflationsbereinigt!) auf einem sehr stabilen Niveau bewegen. Das liegt wohl auch daran, dass diese Produkte bereits extrem gut sind, so dass sich der technische Fortschritt nur in eher kleinen Spruengen bemerkbar macht, fuer den der Kunde nicht bereit ist, einen deutlichen Aufpreis zu zahlen.
Ich denke, die ganze Diskussion haette sich "live" schnell in Luft aufgeloest, da man die unterschiedlichen Sichtweisen sehr schnell auf einen Nenner gebracht haette.
Themenauswahl und Langmut des Moderators zeigen: Es wird einfach Zeit, dass Zeiss eine neue Fernglasserie auflegt. Damit das Forum etwas Richtiges zu beissen bekommt.
Ich bedauere es uebrigens bitter und reuig, meine Dissertation erwaehnt zu haben, auf die ich im uebrigen weder Stolz bin, noch dass ich mich ihrer schaemen wuerde. Wenn sie mich kennen wuerden, wuessten Sie, das ich der Letzte bin, der Menschen nach ihrer Position oder nach Titel beurteilt.
Vielleicht war der Ton des Beitrags auch nicht so neutral, wie es angemessen und erstrebenswert gewesen waere.
Sehen Sie es mir nach. Ich habe gestern 15 verdiente Mitarbeiter entlassen muessen, weil die Auftragslage momentan nicht so rosig ist. So was kann abfaerben.
-ab jetzt bitte nicht mehr Dr- Joerg