Wenn das digitale Fernglas nicht größer als ein herkömmliches optisches Fernglas sein soll, kommen nur kleine Sensoren in der Größe von maximal etwa 1/1,63 inch (also im Aufnahmeformat von ca. 7,9 mm x 5,9 mm) in Frage, wobei hinsichtlich der Auflösung kein Blumentopf zu gewinnen ist, wie in meinem anderen Beitrags weiter unten nachzulesen ist. Aber selbst wenn man die vergleichsweise miserable Bildschärfe akzepiert, ist Ihre Vermutung, man könne die digitalen Ferngläser zunächst speziell mit „verbesserter Dämmerungsleistung“ bewerben, ein Irrtum.
Wie leistungsfähig sind denn diese kleinen Sensoren? Bestenfalls bis ISO 400 hat man bei mehr als 10 Megapixeln (erforderlich wäre das 5fache!) mit vielen Klimmzügen das Rauschen noch halbwegs im Griff. Aber bei den praktisch realisierbaren Öffnungsverhältnissen der zu verwendenden Objektive, angesichts der für die gewünsche Vergrößerung erforderlichen langen Brennweite mit sehr viel Glück ca. 1:4,4, ergibt das bei Fotos noch so lange Belichtungszeiten, daß an ein Videobild mit mindestens 50 Bildwechseln pro Sekunde (für ein noch längst nicht ganz flimmer-, aber zumindest ruckelfreies Bild) absolut nicht zu denken ist. Die Belichtungszeit müßte dann nämlich pro Einzelbild deutlich unter 1/50 s liegen. Berücksichtigt man noch den Zeitbedarf für die Rauschverminderung und Nachschärfung, kann daraus wohl eher ein 1/100 s werden. In der Dämmerung jedoch wird man bei Blende 4,4 auf ca. 1/8 s oder länger kommen. Man müßte also mit ISO-Einstellungen ab ca. 3200 arbeiten. Da schaue ich doch lieber durch ein beschlagenes Aldi-Fernglas für 15 Euro als durch durch ein derart unscharfes Vollrausch-Digitalfernglas, auch wenn dieses noch so „hip“ sein sollte!
Walter E. Schön