Hallo Walter,
wenn ich wieder Zeit habe, dann werde ich die Rechnungen fuer ein kleineres Sehfeld wiederholen, so dass man die Animationen bequemer im idealen Abstand betrachten kann. Dann werde ich auch die Webseite noch einmal komplett ueberarbeiten und Deinen Vorschlag, eine einheitliche Reihenfolge der verschiedenen Abbildungsweisen einzuhalten, beruecksichtigen.
Den Begriff "Kreisbedingung" habe ich von Koehler's Webseite uebernommen, mehr weiss ich auch nicht, vielleicht sollte man ihn mal dazu befragen.
Die von mir geschilderte Beobachtung kann man uebrigens im Fernglas mit kissenfoermiger Verzeichnung nachvollziehen: Man visiere eine Hauskante an, die den Rand des Sehfeldes schneidet und daher deutlich gekruemmt ist. Dann bewege man das Auge langsam Richtung Mitte des Sehfeldes (das Fernglas bleibt dabei fest), und man sieht, dass die Kante gerade wird.
Ich habe leider gerade kein Fernglas dabei, das streng nach der Tangentenbedingung korrigiert ist (wie die alten Zeiss Jena vor 1940, oder einige der spaeteren sovietischen Fernglaeser). Ich prophezeihe hiermit: Wenn man geradewegs in die Mitte des Sehfeldes blickt, dann findet man bei einem solchen Fernglas eine leichte tonnenfoermige Verzeichnung. Geht ja gar nicht anders: Aus weiter Entfernung sind alle Quadrate im Bildraum perfekt. Geht man dicht ran, dann wird die Perspektive etwas veraendern, und das tut sie auch, so dass das Bild tonnenfoermig verzeichnet wird. Umgekehrt erscheinen die Hauskanten perfekt gerade, wenn man "schraeg" guckt, also Richtung Sehfeldrand. Der Globuseffekt ist eine triviale Folge dieser tonnenfoermigen Verzeichnung des Winkelraumes. Es mag gut sein, dass man die tonnenfoermige Verzeichnung in den Nikon Fernglaesern nicht leicht erkennen kann, weil diese wohl nicht exakt nach der Tangentenbedingung konstruiert sind, sondern schon etwas in Richtung Kreisbedingung gehen.
Und damit komme ich zum letzten Stichwort: Du sagst, den Winkelraum koenne man nicht sehen. Unter dieser speziellen Perspektive, d.h. man betrachtet den Bildraum von einem genau definierten Abstand und schaut exakt auf die Mitte des Sehfeldes, verhalten sich die scheinbaren Winkel der Objekte genau so, wie im Winkelraum vorgeschrieben. Wie soll man den neuen Raum dann nennen? Nein, Walter, die Perspektive transformiert den Bildraum in den Winkelraum.
Intuitiv war mir schon vorher klar, dass man eigentlich den Winkelraum sieht, ich war aber verwirrt angesichts der Tatsache, dass ich mit der Winkelbedingung die kissenfoermige Verzeichnung in meinen Berechnungen nie finden konnte. Jetzt ist mir klar: Diese taucht auf, wann immer man den Blick vom Zentrum abwendet. In diesem Moment bricht man die Symmetrie und erhaelt nicht mehr den perfekt symmetrischen Winkelraum, weil man jetzt schraeg ueber den Bildraum blickt und dessen Verzeichnungen mit einfaengt. Den Winkelraum sieht man folglich nur beim Einblick genau auf die Sehfeldmitte, und weil ich alle vorherigen Berechnungen (Dom, Dart, Ameisen etc...) unter dieser Annahme ausgefuehrt hatte, konnte ich die kissenfoermige Verzeichnung der Winkelbedingung nicht finden, wohl aber die tonnenfoermige Verzeichnung der Tangentenbedingung.
Ich bedanke mich fuer die zahllosen Hilfestellungen, und wuensche ebenfalls ein erholsames Weihnachtsfest!
Holger Merlitz