Guten Tag zusammen!
Bisher war ich nur regelmäßiger und sehr interessierter Leser dieses anspruchsvollen Fernglasforums, auch weil meine Zeit das aktive Mitmachen nicht zuließ; das Thema "Randunschärfe" lässt mir aber keine andere Wahl mehr als mit zu diskutieren.
Ich möchte - wie Walter E. Schön - niemandem aus dem Lager derer zu nahe treten, der Randunschärfe für einen hinnehmbaren Mangel hält. Ich indessen zähle mich zur anderen "Fraktion". Während Walter Schön sehr sachlich und gewohnt fachlich einwandfrei das Thema durchleuchtet möchte ich gerne zwei psychologische Aspekte ins Feld führen. Man möge mir verzeihen, aber für mich ähneln die Argumente derer, die Randunschärfe als scheinbar unvermeidlich im Blick auf große Sehfelder und geringeren Globuseffekt hinnehmen, ein wenig den Erkenntnissen des Menschen Eugen Roth, der uns in seinen Gedichten auf freundlich - lustige Art die Schwächen des gemeinen Menschen zu verdeutlichen versucht, indem er z.B. schreibt:
"Ein Mensch, der sich ein Schnitzel brät,
bemerkt, dass dieses ihm missrät.
Doch da er es sich selbst gebraten,
tut er, als sei es ihm geraten."
Will damit sagen, dass jemand, der sehr viel Geld für ein Fernglas der Premiumklasse ausgegeben hat, durchaus Anstoß an der - je nach Alter des Nutzers - mehr oder weniger deutlich ins Auge springenden Randunschärfe der Gläser aus den beiden renommierten deutschen Häusern nimmt, der aber dann angesichts der doch beträchtlichen Geldausgabe, die er nun mal getätigt hat, für sich selbst akzeptable Gründe sucht, warum perfekte Randschärfe und ein gleichzeitig großes Sehfeld sich ausschließen mögen. Wie gesagt, ich möchte wirklich niemandem, der so argumentiert und damit auch innerlich zufrieden ist, zu nahe treten, aber ich bin nun mal aus folgenden Gründen anderer Meinung:
Ich sage, was Nikon bei den HG-L-Gläsern kann, das müsste Zeiss und Leica auch möglich sein und zwar ohne die Kompromiss-Sehfelder der Nikons. Schließlich sind Zeiss' und Leicas über 30% teurer. Man möge bitte auch bedenken, dass junge Menschen, die noch über ausreichend Fähigkeit zu akkomodieren verfügen und demzufolge die Randunschärfe weniger deutlich wahrnehmen in der Regel im Aufbau ihrer Lebenspläne noch nicht über soviel freie Mittel verfügen, sich Ferngläser im vierstelligen Preisbereich zu leisten; ältere hingegen, die womöglich über diese Mittel verfügen, stören sich besonders an der Randunschärfe, weil gerade sie mit ihrer zunehmend mangelnden Fähigkeiten zu akkomodieren diese besonders deutlich wahrnehmen.
Fazit: für mich ist es nicht nachvollziehbar, dass Zeiss und Leica diesen jahrzehntelang immer wieder mal vorgehaltenen Mangel nicht endlich mit Hilfe von Bildfeldebnungslinsen beheben. Die meinetwegen 50 Gramm Mehrgewicht und auch den stärkeren Globuseffekt würde ich persönlich gerne hinnehmen, denn für mich ist bei Preisen von weit über 1000.- € Randunschärfe ein Mangel, den ich nicht erklären und auch nicht schönreden will.
Grüße von Frank.