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Bildebnungslinsen sind kein Anlaß zum Amüsieren

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09. Oktober 2006 11:48
Zitat: „Ich lese immer leicht amüsiert von Bildebnungslinsen. Bei einem 5-linsigen Okular mit ausschließlich sphärischen Flächen hat man genug Freiheitsgrade, um ein hinreichend ebenes Bild zu erzielen, es braucht also keine Bildebnungslinsen.“

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Ich verstehe nicht, warum Sie von „Bildfeldebnungslinsen“ amüsiert (= vergnügt, belustigt“) werden. Ich verstehe Ihre Aussage so, daß Sie Bildfeldebnungslinsen nicht ernst nehmen, vielleicht sogar für Unsinn oder Volksverdummung halten. Sollte das zutreffen, unterlägen Sie einem großen Irrtum.

Der österreich-ungarische Mathematiker Prof. Joseph Petzval (1807-1891) hatte sich durch seine Untersuchungen des Astigmatismus und der Bildfeldwölbung große Verdienste erworben und ein diesbezüglich korrigiertes Objektiv („Petzval-Objektiv“) konstruiert, das die nach ihrem Entdecker bezeichnete Petzval-Bedingung (Petzval-Summe) erfüllt. Seitdem wissen Optik-Konstrukteure, wie der Bildfeldwölbung entgegengewirkt oder sie gar weitgehend eliminiert werden kann.

Da im allgemeinen das Okular für die Bildfeldwölbung verantwortlich gemacht wird, möchte ich an dieser Stelle noch anmerken, daß sowohl das Fernglasobjektiv als auch das Fernglasokular Bildfeldwölbung aufweist und zwar leider in jeweils solcher Richtung, daß sich beide nicht (teilweise) kompensieren, sondern addieren und somit verstärken. Man sollte daher sowohl bei der Konstruktion des Objektivs wie auch bei der des Okulars die Bildfeldwölbung bedenken und zu beheben versuchen.

Da aber bei einem Objektiv (auch ein Okular ist seiner Funktion nach ein Objektiv!) nicht allein Astigmatismus und Bildfeldwölbung, sondern noch eine ganze Reihe weiterer Aberrationen zu korrigieren sind, von denen je nach Anwendung viele erheblich wichtiger als die Bildfeldwölbung sein können, stellt sich für jeden Optikkonstruktuer die Frage nach der Priorität der diversen Korrektionsmaßnahmen. Und hier liegt meines Erachtens das Problem bei den führenden europäischen Fernglasentwicklern: Weil bei der visuellen Beobachtung das Auge (leider je nach Alter sehr unterschiedlich gut) durch Akkommodation die Bildfeldwölbung in Grenzen kompensieren kann, steht die Korrektion der Bildfeldwölbung in der Prioritätenliste ziemlich weit unten. Die führenden japanischen Fernglashersteller (Canon, Fujinon, Nikon in alphabetischer Reihenfolge) sehen das aber offenbar anders. Möglicherweise werden dort Ferngläser mehr von älteren Menschen gekauft als bei uns, oder bei uns haben die Hersteller die Altersstruktur ihrer Kunden noch nicht ausreichend zur Kenntnis genommen und arbeiten immer noch auf der Basis von Prioritätenlisten aus der Zeit des zweiten Weltkrieges (als junge Soldaten mit gutem Akkommodationsvermögen die hauptsächlichen Fernglasanwender waren). Vielleicht liegt es auch daran, daß zu viele Mitarbeiter über 50 Jahre „freigestellt“ (auf deutsch: entlassen oder in den Vorruhestand geschickt) wurden und die verbliebenen oder neu eingestellten jungen Konstrukteure mit shareholderfreundlichen niedrigeren Gehältern mangels eigener Erfahrung mit abnehmendem Akkommodationsvermögen die Problematik gar nicht wahrnehmen.

Die bei einem fünflinsigen Okular aus sphärischen Linsen verfügbaren Freiheitsgrade sind keineswegs so üppig, daß man damit locker die Bildfeldwölbung ohne Nachteil bei anderen Aberrationen stark reduzieren oder beheben könnte. Um dies zu erreichen, halte ich es durchaus für nützlich, wenn nicht gar nötig, einen zusätzlichen Aufwand zu treiben. Wie sich aus Petzvals Bedingung ergibt, müßte in ein Okular mit besserer Bildfeldwölbungskorrektion „mehr negative Brechkraft“ integriert werden, was aber der Notwendigkeit entgegensteht, eine hohe positive Gesamtbrechkraft (= kurze Okularbrennweite) zu erzielen. Damit zusätzliche negative Brechkraft die Gesamtbrechkraft nicht übermäßig herabsetzt, muß die erforderliche zusätzliche negative Brechkraft in der Nähe der Feldblendenebene (also z.B. als in Richtung des Lichtweges erste Linse des Okulars) integriert werden, z.B. in Form einer zusätzlichen Zerstreuungslinse*. Natürlich muß diese Linse bei der Korrektion aller Aberrationen als integraler Bestandteil des Okulars betrachtet werden, aber weil sie an dieser Position nur wenig Einfluß auf die Gesamtbrechkaft und die anderen Aberrationen hat und gleichzeitig der Bildfeldwölbung stark entgegenwirkt, ist es durchaus gerechtfertigt, diese Linse (oder auch ein entsprechendes Linsenpaar) als „Bildebnungslinse(n)“ zu bezeichnen. Das sollten Sie ernst zur Kenntnis nehmen, statt sich darüber zu amüsieren.

* Ein spezieller und extremer Fall einer solchen Zerstreuungslinse ist die sog. Smyth-Linse, die manchem Hobbyastronomen bekannt sein dürfte, weil sie nahezu ohne Beeinträchtigung der anderen Aberrationen die nicht unbeträchtliche Bildfeldwölbung eines Fernrohrabjektivs behebt, die bei Astrofotografie starke Randunschärfe erzeugen würde.

Wenn Sie sich in den Prospekten oder Internetabbildungen die Schnittdarstellungen von Ferngläsern von Leica und Zeiss ansehen, werden Sie als erste Okularlinse (= die dem Objektiv zugewandte Linse) keine Zerstreuungs-, sondern eine Sammellinse finden. So eine Linse verstärkt aber die Bildfeldwölbung, statt sie zu reduzieren. Bei Swarovski sehen Sie einen sehr dicken Meniskus sehr geringer Brechkraft, von der sich bei der mir vorliegenden Abbildung ohne exakte Kenntnis der Krümmungsradien nicht genau sagen läßt, ob die Brechkraft positiv oder (wahrscheinlich minimal) negativ ist. Sehen Sie sich dagegen das Schnittbild des Nikon-Glases 8x42 HG(L) im Nikon-Prospekt an, so sehen Sie als erste Linse eine Zerstreuungslinse, und genau diese Linse bestreitet zum größten Teil die Korrektion der Bildfeldwölbung, verdient also zu recht den von Ihnen belächelten Namen „Bildebnungslinse“. Leider habe ich von Canon und Fujinon keine entsprechenden Schittdarstellungen, aber dort dürften Sie mit größter Wahrscheinlichkeit ebenfalls Negativlinsen in der Nähe der Feldblende vorfinden.

Beim Objektiv des Fernglases könnte im Falle der Innenfokussierung die weiter hinten, also näher an der Fokusebene positionierte verschiebbare Negativlinse (Zerstreuungslinse) einen gewissen Beitrag zur Reduzierung der Bildfeldwölbung des Objektivs leisten. Vielleicht kann ein Optikkonstrukteur eines Fernglasherstellers hier im Forum genauere Angaben dazu machen, ob das halbwegs ausreicht oder noch zu wenig ist.

Ich zweifle nicht daran, daß Leica, Swarovski und Zeiss (in alphabetischer Reihenfolge) die relativ starke Bildfeldwölbung ihrer teuren Ferngläser nicht besser korrigieren könnten. Aber es waren ihnen offenbar andere Aberrationen wichtiger und der Einfluß verminderten Akkommodationsvermögens älterer Beobachter auf die Randschärfe bei starker Bildfeldwölbung nicht ausreichend bewußt. Ich mußte ja bei den Arbeiten an meinem Fernglasbuch auch schon in einem anderen Falle, nämlich bei der Bewertung der „Brillenträgertauglichkeit”, feststellen, daß unsere hochgeschätzten europäischen Fernglaskonstrukteure wohl alles von der Frontlinse des Objektivs bis zur Hinterlinse des Okulars gut im Blick hatten, aber nicht ausreichend an das dachten, was dahinter auch noch im Strahlengang liegt, nämlich Auge und oft auch noch eine Brille. Wie ich schon früher in einigen anderen meiner Beiträge sagte, sind die Kriterien für Brillenträgertauglichkeit, wie sie bis heute von den Fernglasherstellern benutzt und sogar in einer ISO-Norm festgehalten sind (Weyrauch-Prüfadapter), stark revisionsbedürftig. Die unzureichende Berücksichtigung der Bildfeldwölbung paßt da ganz gut dazu, weil auch sie zeigt, daß man bei Leica, Swarovski und Zeiss wohl zu sehr darauf vertraut, daß diese Aberration vom Akkommodationsvermögen des Beobachters kompensiert werden kann, aber vergißt, daß jenseits des Alters von ca. 45 Jahren (ausgerechnet der Alterdruppe, die am ehesten bereit ist, so teure Ferngläser zu kaufen) das Akkommodationsvermögen sehr stark nachläßt.

Da ich weiß, daß Mitarbeiter der drei genannten Nobelfirmen hier mehr oder weniger regelmäßig mitlesen, wünschte ich mir mal von diesen einen aktiven Beitrag zu diesem Thema: Bitte äußern Sie sich zur Bildfeldwölbung! Sie bekommen doch durch die hier diskutierten Fragen nicht selten einen wertvollen Input, und wenn Sie auch mal uns Informationen gäben, wäre das ein fairer Ausgleich.

Walter E. Schön
Thema Autor Klicks Datum/Zeit

Randschärfe-wozu ?

Vogler 4429 03. Oktober 2006 18:30

Re: Randschärfe-wozu ?

Achim 1991 03. Oktober 2006 18:47

Wozu ?

carsten gaebe 2080 03. Oktober 2006 22:47

Lieber Sehfeld statt Randschärfe

Holger Merlitz 1998 04. Oktober 2006 02:58

Lieber Sehfeld statt Randschärfe - Zustimmung!

OhWeh 1914 04. Oktober 2006 08:54

Randschärfe und Sehfeld sind keine Gegensätze!

Gunnar 1944 05. Oktober 2006 10:46

Re: Randschärfe-wozu ?

Peter Dörscheln 1906 04. Oktober 2006 08:58

Randunschärfe hängt auch mit der Bildfeldwölbung zusammen

Dietmar Streib 2107 04. Oktober 2006 21:33

Re: Randschärfe-wozu ?

Vogler 1999 04. Oktober 2006 16:13

Re: Randschärfe-wozu ?

Werner Jülich 2016 04. Oktober 2006 17:55

Re: Randschärfe-wozu ?

Vogler 1952 04. Oktober 2006 18:25

Re: Randschärfe-wozu ?

Werner Jülich 1865 04. Oktober 2006 20:25

Re: Randschärfe-wozu ?

Hartmut Rosen 2117 05. Oktober 2006 07:33

Re: Randschärfe-wozu ?

Bernd Sommerfeld 1760 04. Oktober 2006 19:44

Re: Randschärfe-wozu ?

Thomas Becker 1786 06. Oktober 2006 19:01

Re: Randschärfe-wozu ?

Dieter Wessels 1924 07. Oktober 2006 10:10

Weniger Scharf im Zentrum?

Holger Merlitz 1796 07. Oktober 2006 10:32

Re: Weniger Scharf im Zentrum?

Dieter Wessels 2093 07. Oktober 2006 13:40

Keine sichtbare Beeinträchtigung der Mittenschärfe

Walter E. Schön 2211 07. Oktober 2006 11:26

Das Auge schwenkt viel häufiger als der Kopf. Daher ist Randunschärfe störend.

Walter E. Schön 2328 07. Oktober 2006 11:06

Wie war die Messe

Achim 1810 07. Oktober 2006 14:18

Ob meine Aktion erfolgreich war, wird sich erst später zeigen

Walter E. Schön 1845 07. Oktober 2006 15:16

Re: Das Auge schwenkt viel häufiger als der Kopf. Daher ist Randunschärfe störend.

Frank 1803 08. Oktober 2006 08:56

Bildebnungslinsen

Rolf Herkenrath 1979 08. Oktober 2006 09:14

Re: Bildebnungslinsen

Frank 1909 08. Oktober 2006 09:48

Re: Bildebnungslinsen

Werner Jülich 1789 08. Oktober 2006 10:41

Re: Bildebnungslinsen

Frank 1836 08. Oktober 2006 11:11

Re: Bildebnungslinsen

Robert Fritzen 1767 08. Oktober 2006 12:46

Re: Bildebnungslinsen

Frank 1852 08. Oktober 2006 13:39

Re: Bildebnungslinsen

Robert Fritzen 1865 08. Oktober 2006 13:51

Re: Bildebnungslinsen

Frank 1691 08. Oktober 2006 21:20

Bildebnungslinsen sind kein Anlaß zum Amüsieren

Walter E. Schön 2604 09. Oktober 2006 11:48

Re: Bildebnungslinsen sind kein Anlaß zum Amüsieren

Rolf Herkenrath 1839 09. Oktober 2006 13:12

Diese Zerstreuungslinse bringt kaum Ebnung

Walter E. Schön 2208 09. Oktober 2006 14:38

zwei Vorschläge zur Positionierung einer Zertreuungslinse

Rolf Herkenrath 1942 11. Oktober 2006 19:52

Wie Klein-Fritzchen Optikdesign aus dem Ärmel schüttelt

Walter E. Schön 2029 11. Oktober 2006 22:18

Wieder eine Kerbe in der Maus?

Rolf Herkenrath 1954 12. Oktober 2006 09:18

Entschuldigung, ich wollte Sie nicht kränken

Walter E. Schön 1990 12. Oktober 2006 10:13

Das ich diesen Tag noch erleben durfte

Volker Werres 1858 12. Oktober 2006 15:50

Linse zwischen den Prismenteilen brächte mehr Probleme als Hilfe

Walter E. Schön 1765 12. Oktober 2006 16:58

Re: Bildebnungslinsen sind kein Anlaß zum Amüsieren

Frank 1689 09. Oktober 2006 17:27

Randscharfe Weitwinkelgläser optisch überhaupt realisierbar ?

carsten gaebe 1706 08. Oktober 2006 13:42

Re: Randscharfe Weitwinkelgläser optisch überhaupt realisierbar ?

Holger Merlitz 1833 09. Oktober 2006 04:14

Re: Randscharfe Weitwinkelgläser optisch überhaupt realisierbar ?

Robert Fritzen 1792 09. Oktober 2006 07:12

Re: Randscharfe Weitwinkelgläser optisch überhaupt realisierbar ?

konfokal 1786 13. Oktober 2006 18:06

Trend zu kleineren Sehfeldern

Holger Merlitz 1602 14. Oktober 2006 04:14

Re: Trend zu kleineren Sehfeldern

Manfred Klier 1554 14. Oktober 2006 08:03

Re: Trend zu kleineren Sehfeldern

Frank 1683 14. Oktober 2006 09:31

Prüfung der Größe des scheinbaren Sehwinkels (Weitwinkeleindruck)

Walter E. Schön 2063 14. Oktober 2006 12:43

Gedanken im Umfeld der Randschärfe

konfokal 1685 15. Oktober 2006 00:33

Re: Gedanken im Umfeld der Randschärfe

Frank 1630 15. Oktober 2006 10:14

Wahnsinn

Niki Thomas 1754 15. Oktober 2006 10:41

Es gibt einfache Abhilfe: konkrete (Zwischen-)Fragen stellen!

Walter E. Schön 1617 15. Oktober 2006 11:25

Es gibt bald ausführliche Abhilfe: Herr Schöns Fernglasbuch!

Lüpke 1794 15. Oktober 2006 12:03

Re: Randscharfe Weitwinkelgläser optisch überhaupt realisierbar ?

Frank 2023 09. Oktober 2006 09:59

Heftigster Widerspruch gegen den „starren Blick“

Walter E. Schön 1972 10. Oktober 2006 10:13



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