Das Swarovsision hat mindestens 6 wenn nicht 8 Glas-Luft-Übergänge mehr als das Victory, das dürfte unstrittig sein. Selbst wenn die Vergütungsqualität im besten Fall vollkommen gleich wäre, was ich angesichts der Zeissschen Marktführerschaft in Sachen Vergütungstechnologie für unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich halte, machen schon diese Übergänge mindestens einen Unterschied vom 1,2 bis 2% aus.
Durch den etwas längeren Glasweg dürfte zweitens mindestens ein weiterer Prozentpunkt Absorptionsverlust hinzukommen. Insgesamt sollte das Victory also über das ganze Spektrum um gute 2 bis gute 3% heller sein, spektrales Transmisisonsprofil hin oder her (die Schwankungen im relevanten Spektralbereich dürften demgegenüber geringer ausfallen*), Stiles-Crawford rauf oder runter. (Ein Effekt, dessen Bedeutung für das Dämmerungssehen m.E. von Herrn Schön immer etwas überbetont wurde. Ebenso wie er gerne den Dämmerungsvorteil höherer APs zu einem seines Erachtens nur geringfügigen Vorteil von wenigen Beobachtungsminuten herunterrechnete, aber diese Dinge sind Ansichtssache und seien dahingestellt.)
Zum dritten hätte Swarovski kaum die Gelegenheit ausgelassen, einen Transmissionswert von 92-93% bei den Swarovision anzugeben, wenn man bei den neuen SLCs bereits mit - sehr beachtlichen - 91% wirbt. Swarovskis technische Angaben waren immer seriös und präzise, das haben auch die Sehwinkelmessungen von Herrn Schön gut bestätigt. Wenn man also, das ist gutes Recht des Herstellers, bei den Swarovision keinen Transmissionswert nennt, heißt das für mich im Umkehrschluß, dass er klar unter 91% liegen wird, ich denke man kann sich da auf Swarovskis Nichtangabe verlassen.
Damit ist m. E. ausgeschlossen, dass ein Victory bei hellem Sonnenlicht so deutlich dunkler ist, dass man es sofort verkaufen muß, es sei denn das Victory hatte einen Vergütungsfehler - Z.B. Einfach-, statt Mehrfachbeläge auf den Prismen, dergleichen soll auch im Nobelsegment schon vorgekommen sein...
Herrn Kuhns Messwerte geben glaube ich keine Genauigkeit auf ein Zehntelprozent mehr oder weniger her, in diesem Bereich müßte man vermutlich auch schon Effekte wie Temperaturdrift von Sensor und Lichtquelle usw. berücksichtigen, und extrem genau kalibrieren, ich weiß nicht, ob das bei den zeitlich oft länger auseinanderliegenden Messungen mit genügender Präzision geschehen konnte. Außerdem hatten die alten ELs keine ungewöhnlich hohe Zahl an optischen Elementen.
Das Zeiss Victory 10x56 hat unverspiegelte Abbe-König-Prismen, seine Totalreflexion erfolgt nahezu verlustlos. Schmidt-Pechan-Prismen, wie bei Swarovski, haben mindestens eine verspiegelte Fläche, was zu einem weiteren Prozentpunkt Transmissionsunterschied führt. Selbst wenn Herr Schmolke seine Pupillen überhaupt nicht mehr dilatieren könnte, auch da wird die Altersabhängigkeit oft sehr überschätzt und geht in der individuellen Schankungsbreite unter, müßte er gute 4% mehr Transmission des Victory in der Dämmerung problemlos registrieren können.
*) Dazu folgende Spekulation. Wenn man sich das Transmissionprofil eines einzigen nach allen Regeln der Kunst mehrschichtvergüteten optischen Übergangs auf einer Linse oder einem Prisma anschaut, so lautet die übereinstimmende Angabe, das dabei Reflexionsverluste über das sichtbare Spektrum von 0,2% bis 0,25% auftreten. Differenzen von 0,05% Restwelligkeit pro Einzelschicht dürften also state of the art sein. (Allenfalls an den Randbereichen des Spektrums dürften etwas größere Abweichungen auftauchen, die aber hier nicht interessieren). Da die Premium-Hersteller jede einzelne Schicht bis an die Grenzen des möglichen optimieren, kann man überschlagen, welchen Spielraum sie haben, wenn sie diese Restwelligkeit bei einer Kombination von rund 20 Übergängen in einem typischen Fernglas für ein gewünschtes Farbprofil ausnützen möchten.
20 Übergänge mit einer Welligkeit von 0,05% liefern iterativ (0,9995 hoch 20 = 0,99) insgesamt eine mögliche Welligkeit von maximal 1% im Frequenzgang, oder +/- 0,5% und das nur im extremsten Fall: wenn man davon ausgeht, dass die Abweichungen sich nicht zufallsverteilt gegenseitig nivellieren, sondern methodisch genutzt werden. Selbst wenn man annimmt, das Zeiss oder Leica für ihre Spektralmaxima nicht nur diesen Spielraum durch bewußt geschicktes Kombinieren ausnutzen, sondern zusätzlich die Transmission jenseits der Maxima bewußt etwas reduzieren, um die gewünschte spektrale Verteilung zu erhalten, kann ich mir beim besten Willen keine größere Restwelligkeit als etwa 2% Unterschied über den relevanten Bereich vorstellen. Denn bei einer stärkeren Verschiebung müßten sie doch absichtlich die Transmission einzelner Übergänge vermindern, ich glaube kaum, dass solche bewußten Einbussen gegenwärtig in großem Stil praktiziert werden dürften).
Eine spektrale Restwelligkeit von 2% dürfte zwar ausreichen, um die verschiedene Farbbalance von Zeiss, Leica etc. zu erklären, aber sie könnte Herrn Schmolkes Wahrnehmung nicht erklären. Um seine Wahrnehmung zu erklären wären Profil-Differenzen von über 4-5% nötig, er sah ja so deutliche Effekte. Da müßte Zeiss ganz bewußt viel mehr Transmission unterdrücken, viel mehr Licht herschenken, als es für den im letzten Büchsenlicht spähenden Jäger gut sein kann. I can't believe...
4-mal bearbeitet. Zuletzt am 28.07.10 16:25.