Das gilt zumindest beim Fernglaskauf, vielleicht mit Ausnahme von 5-10% unserer Kunden, die das Glas beruflich brauchen und die deshalb bei der Qualität keine Abstriche machen wollen.
Sie können Ferngläser an jeder Ecke und zu jedem Preis kaufen. Sie können auch sehr gute Ferngläser überall kaufen, vielleicht nicht beim Bäcker oder beim Kaffeeröster, aber wer ein wenig sucht, der findet auch die.
Deshalb liegt es nur am Kunden, ob und wo und zu welchen Bedingungen er kauft.
Der überaus heterogene Handel hat verschiedene Strategien, wie er dem König begreifbar macht, dass dieser gefälligst bei ihm kaufen soll.
Verständlicherweise wird man nicht jeden Kunden gleich ansprechen können und so haben sich im Handel spezielle Anbeotsformen entwickelt.
Es gibt die Vollsortimenter, die Ihnen aus einer Vielzahl von Anbietern eine unüberschaubare Fülle anbieten.
Es gibt die Spezialisten z.B. Jagd- oder Bootsausstatter und dazu noch mehr oder weniger erfolreiche Versuche, den König zu umgarnen und seine Huld zu gewinnen.
Natürlich ist die Orientierung in einem riesengroßen und völlig unüberschaubaren Angebot für unseren König harte Arbeit und je nach Veranlagung wird er im Überangebot den Kauf verweigern oder gezielt das falsche Produkt kaufen, aber das ist sein gutes Recht, er ist der Chef im Ring.
Jetzt schleichen wir uns an den König heran und bieten unsere guten Dienste an. Wir führen vor, wir beraten. Wir haben von den Hirnforschern erfahren, dass deren CT sehr genau feststellen kann, dass die große Mehrheit der Könige Menschen sind und damit teilweise soziale Wesen die sich ein bestimmtes Gefühl für Gerechtigkeit behalten haben und uns diese Vorleistungen honorieren. Nicht in jedem Fall und zu jedem Kurs, aber oft genug, um nicht an diesem Geschäftsmodell zu verzweifeln.
Also manipulieren wir den König, indem wir Ihm zeigen, warum Marke X besser ist als Marke Y und wie negativ sich Streulicht beim Modell Z bemerkbar macht. Ohne uns hätte er vielleicht nicht auf das Streulicht geachtet und doch tatsächlich das Produkt vom Wettbewerber gekauft.
Oder andere Kollegen vermitteln ihm, wie toll er auf der Jagd ausgestattet ist, wenn er das neue XY um den Hals hängen hat.
Warum machen wir Händler das? Weil wir wissen, dass es außer uns noch genügend Händler gibt und dass man auf unsere Produkte auch verzichten kann, wenn man nicht gerade damit durch Nordafghanistan herumlaufen muß.
Die ganz geschickten Händler sorgen dann noch dafür, dass die Kunden Sie weiterempfehlen. Dazu muß man den König so beeindrucken, dass er davon berichtet und weitere Könige vorbeischickt.
Man kann dies, wie sich leicht nachrechnen läßt nur im Premiumsegment machen, denn nur dort sind unsere Versprechungen auch Realität. Ich kann es schaffen, dass ich ausnahmsweise im Service einmal etwas bevorzugt werde, weil ich mit dem Verantwortlichen deutsch regen kann und nicht fernöstlich. Ich kann Informationen bekommen und weitergeben, die stimmen.
Wir treiben diesen ganzen Aufwand, weil wir die Kräfteverhältnisse anerkennen.
Zur ganzen Geschichte gehört noch, dass es auch Kaiser gibt. Kaiser sitzen in öffentlichen Einrichtungen und erwarten untertäniges Verhalten, egal ob es um die passende Kodierung bei der Ausfuhrerklärung geht oder um eine Genehmigung für eine sonstige Aktivität.
Werner Jülich