Die von Ihnen als sog. 'Randschärfefanatiker' bezeichneten Beobachter stellen keinesfalls nur eine Randgruppe oder orthodoxe Nörgler dar, die widernatürliche Beobachtungspraktiken ausüben oder sektiererisch Produktfehlbeurteilungen anhängen, oder einfach nichts mit Ihrem Leben anzufangen wissen, als es sich mieszubeobachten, wie von 'konfokal' vermutet, noch handelt es sich bei dem angesprochenen Problem um eine Marginalie.
Vielmehr entspricht die Form der Beobachtung, die von den Anhängern des natürlichen Sehens praktiziert wird, am ehesten dem Gebrauch unseres Sehorgans und der ganze Körperteile, die da noch 'hinten dran' hängen.
Zurück zur Randschärfe, Sie stellen es selbst fest: Am Sternenhimmel möchten wir es randscharf. Punktgenau! Dabei wird das Fernglas oft auf einem Stativ benutzt, wenn Sie da immer den ganzen Aufbau - anstatt nur die Augäpfel - bewegen möchten, weil Sie mal etwas abseits der Mitte zu beobachten trachten, na dann 'gute Nacht'! Außerdem glauben wir fest daran, daß sich das Weltall nicht um jeweils exakt den Stern dreht, der mittenscharf abgebildet wird, während mit wachsendem Abstand vom 'Drehsternpunkt' der Rest des Universum (auf nach außen länger werdenden, konzentrischen Kreissegmenten) um selbigen zu rotieren scheint. Nun gut, nicht jeder möchte den Sternenhimmel mit dem Fernglas betrachten.
Weiterhin merken Sie an: "Jedes Objekt wird doch beim Anvisieren automatisch in die Mitte des Sehfelds platziert,..." Genau! Beim Anvisieren (riecht schon stark nach Schießpulver und Waffenöl, obwohl Sie anderes von sich vermelden...), wie im Zielfernrohr, schön in der Mitte a-n-visieren, auch ohne Absehen. Aber wir Anhänger des natürlichen Beobachtungsverhaltens wollen nach dem Anvisieren nicht abdrücken, oder einen dicken Haken auf der Bestimmungsliste machen, sondern oft minutenlang einfach nur beobachten, auch sich bewegende oder weit verteilt gruppierte Objekte, oder noch viel anspruchsvoller: einen Kombination aus beidem. Na dann viel Spaß beim Kopfschütteln! Wir möchten nicht auf widernatürliche Weise bei jeder Winkeländerung der Blickrichtung das ganze Glas samt Kopf und Schultergürtel nebst Armen so ausrichten, daß der Gegenstand unseres Interesses wieder im zentralen, mittenscharfen Bereich unseres Fernglases erscheint. Das erinnert mich schon eher an Ihre Vermutung: "Es sei denn, man versucht krampfhaft, den Bildfeldrand (wo sich das jeweils interessierende Objekt befindet; Anmerkung des Verfassers) anzuvisieren, aber wer macht das schon.", allerdings aus einem ganzheitlichen, physiologischen Kontext heraus betrachtet. Spaß beiseite, Studien bei Kleinkindern oder auch Kampfpiloten zeigen (Stichwort 'eye tracking'), daß der Mensch nunmal die Augäpfel bewegt, wenn er kleinere Änderungen des Blickwinkels vornimmt - und nicht den ganzen Kopf. Diese Winkeländerungen liegen im Bereich der Sehfeldwinkel unserer geliebten Ferngläser. Dieser Vorgang kann auch verdammt schnell vonstatten gehen(Achtung: Schleudertrauma), beim 'screening' weiterer Abschnitte des Blickfeldes (der Begriff ist garantiert falsch, aber vielleicht kann ja ein Augenchirurg hier fachsprachlich fokussierend eingreifen), wenn man sich Übersicht verschaffen möchte oder (bewußt, aber auch unbewußt) Ausschau hält.
Wir suchen also keinesfalls, wie von Ihnen vermutet, am "äußersten Bildrand nach Fehlern und verrenken sich (uns) dabei die Augenmuskeln,...", sondern wir folgen unseren natürlichen Sehgewohnheiten, auch beim Benutzen einer Sehhilfe bzw. eines Fernglases, welches nach meinem Dafürhalten unsere natürlichen Vorraussetzungen so gut wie möglich berücksichtigen sollte, damit wir Ihrer Empfehlung "...genießen Sie das nahezu perfekte Bild..." eben nicht nur "...auf und nahe der Achse...", sondern über den größten Teil des Sehfeldes folgen können.
Mir graust vor der Vorstellung, gerade mit zunehmendem Alter, gleich einem ergrauten Eisbär im Zoo - gefangen im engen Käfig der Mittenschärfe, mit modernen Spitzenferngläsern kopfschüttelnd beobachten zu müssen, um die scharfe Abbildung nutzen zu können.
Aufs Randschärfste!
Jan Münzer