Zitat: „Ich hätte dem Zeiss 15 x 60 mehr zugetraut, der Abstand zu den neuen Produkten ist ziemlich deutlich.” Zitatende.
Nun, so deutlich liegt das alte Porroglas 15x60 nicht hinter der neuesten Victory-FL- und Ultravid-Gläsern zurück, daß man den Unterschied als für die Praxis bedeutsam einstufen könnte. Daß es HINTER und nicht VOR den neuen Dachkantgläsern liegt, darf wohl als Erfolg der verbesserten Mehrschichtvergütungen betrachtet werden, mit denen – mal vom Umkehrprisma abgesehen – ein paar Prozentpunkte zu holen waren. Und selbst wenn das 15x60 gleich gute Vergütung aufzuweisen hätte, würde es wahrscheinlich HINTER dem FL und Ultravid bleiben, denn die ebenso wie Porroprismen unverspiegelten Abbe-König-Preismen der größeren FLs (42 mm) bringen keinen Verlust, und die dielektrischen Mehrschichvergütungen der kleineren FLs (32 mm) und der Ultravids kommen so nahe an die Idealtransmission von 100% heran (jedefalls auf 99,5% oder höher), daß der verbleibende (winzige) Unterschied anderswo geortet werden muß.
Man müßte dazu mehr über die Objektive und Okulare wissen, z.B. wie dick die Linsen und aus welchen Gläsern sie sind (Absorptionsverluste) und wie viele Glas-Luft-Flächen das 15x60 hat und wie viele es bei den FLs und Ultravids sind. Ich denke, daß neuere Objektiv- und Okularkonstruktionen (u.a. mit dünneren Linsen, nicht nur wegen der geringeren Absorption, sondern auch im Interesse der Gewichtsverminderung) und neue Glassorten im letzten Jahrzehnt kleine Gewinne aufgrund verminderter Absorption gebracht haben und weniger einzelstehende Linsen die Zahl der Glas-Luft-Flächen mit ihren (bei MC-vergütung nur noch sehr kleinen) Reflexionsverlusten ebenfalls zur Steigerung der Transmission beigetragen haben. Sicher kann man sagen, daß die früher mal gültige Annahme, daß Porrogläser eine bessere Transmission als Dachkantgläser hätten, heute bei den Qualitätsprodukten nicht mehr zutrifft.
Was meine „Zustimmung“ zu Herrn Kuhns Messungen betrifft, so muß ich passen. Ich hoffe, daß er sorgfältig, mit der nötigen Fachkenntnis und mit präzisen Instrumenten gemessen hat, aber ich kenne weder Herrn Kuhn noch den Meßaufbau, war bei den Messungen nicht dabei und muß mich daher mit jeder Bewertung seiner Messungen zurückhalten. Die Ergebnisse erscheinen plausibel und liegen im Bereich des von mir Erwarteten, aber das ist keine Bestätigung. Was Ihre Frage zur Beibehaltung der „Beleuchtungsbedingungen“ betrifft, so vermute ich doch, daß Herr Kuhn nicht an einem x-beliebigen Tag mit je nach Wetter klarer Sonne, verhangener Sonne, dichten Wolken oder Regen usw. gemessen hat, sondern eine konstante künstliche Lichtquelle benutzt hat (z.B. ein Normlicht, das durch Filterung auf Tageslichtspektrum gebracht worden ist). Aber selbst dann, wenn er „nur“ normales Sonnenlicht um jeweils etwa dieselbe Uhrzeit benutzt und mit einem Farbtemperaturmesser kontrolliert hätte, wäre daran nichts auszusetzen, weil es sich erstes bei Transmissionsmessungen um Vergleichsmessungen (Output/Input) handelt und weil zweitens die bei Sonnenlicht verbleibenden Unterschiede in der spektralen Lichtverteilung sich kaum in der ersten Nachkommastelle und schon gar nicht vor dem Komma auswirken können.
Ich möchte noch ergänzen, daß man bei solchen Meßwerten, selbst wenn Sie auf eine oder gar zwei Nachkommastellen genau sein und bei Nachmessungen an weiteren Exemplaren reproduzierbar sein sollten, nicht auf die Stellen nach dem Komma schauen sollte. Ich möchte die Arbeit von Herrn Kuhn damit nicht entwerten, sondern finde es im Gegenteil prima, daß jemand, der offenbar über die nötigen Meßmöglichkeiten verfügt, sich diese Mühe gemacht und uns die Ergebnisse zur Verfügung gestellt hat. Dennoch, so genau die Messung sein muß, die nachfolgende Interpretation sollte sich darauf beschränken, nur Unterschiede von mehreren Prozentpunkten als für die Praxis relevant zu bezeichnen. Mir wäre es nicht wichtig, ob die Messung den Wert 107,8% oder 106,3% erbracht hat, sondern ob ich bei ca. 107% oder nur bei 92% oder gar nur unter 80% liege.
Bei dieser Gelegenheit: Da die Werte zum Teil über 100% liegen, können es nicht absolute Transmissionswerte sein (die immer unten 100% bleiben), sondern es müssen relative Werte sein. Mich interessierte, was als 100% definiert wurde - war es irgendein bestimmtes , vielleicht besonders populäres unter den hochwertigen Gläsern? Evtl. hat Herr Kuhn das schon mal irgendwo geschrieben, und es ist mir entgangen. Es wäre gut, wenn er es hier nochmals angeben könnte, weil es wahrscheinlich außer mir noch andere Leser interessieren könnte.
Walter E. Schön