Zur Firma Kern kann ich auch noch ein paar Infos beisteuern. Als mechanische Werkstätten mit dem Titel „Mathematische Instrumente J.Kern" von Jakob Kern 1819 gegründet hat Kern zunächst die schon erwähnten Zirkel und andere für Mathematik und speziell für die Vermessung sowie auch Astronomie benötigte Instrumente gefertigt. Als später auch Objektive dazu kamen, wurde vor allem das schon erwähnte Kern Switar und mit erweiterter Naheinstellung das Kern Macro-Switar als hochwertiges Standardobjektiv der Kleinbildkameras „Alpa” (ohne h, also nicht wie der griechische Buchstabe alpha!) berühmt. Die Alpa gab es als Sucher- und auch als einäugige Spiegelreflexkamera und sogar ein interessantes Modell, das sowohl einen SLR-Sucher als auch (daneben) einen Durchsichtssucher besaß. Eine ihrer Besonderheiten war ein sehr kurzes Auflagemaß, weshalb mit Hilfe von Adaptern nahezu alle anderen Kleinbild-Wechselobjektive verwendet und auch auf unendlich scharfgestellt werden konnten. Die Firma Alpa fristete nach der Invasion der japanischen SLR-Kameras noch ein paar Jahre ihr Leben mit vergoldeten Sondermodellen mit Kroko- und Schlangenleder und ähnlichen Sammlerobjekten zu horrenden Preises, bis sie dann ganz verschwand. Einige Teile von Alpa sind dann zur Firma Seitz gegangen, die teure und exzellente 360°-Panoramakameras baut. Ein anderer (kleinerer) Teil und der Name Alpa gingen an das Ehepaar Weber-Capaul, das zusammen mit einem oder einigen ehem. Alpa-Kostrukteur(en) eine Mittelformat-Shiftkamera unter dem Namen Alpa entwickelte, die mit Rodenstock-, Schneider- und Zeiss-Objektiven ausgestattet ist und in Deutschland durch die Firma Linhof vertrieben wird.
Kern-Objektive gab es auch für 8- und 16-mm-Schmalfilmkameras, und zwar für die damaligen Topmodelle von Paillard-Bolex und von Beaulieux. Der Niedergang der Schmalfilmbranche wegen des Siegeszugs der Videotechnik hat auch dem ein Ende gesetzt.
Kern wurde dann von der Wild Heerbrugg AG übernommen, die bald darauf zur Wild-Leitz-Gruppe wurde (Mikroskope und geodätische Geräte, ich glaube im zumindest überwiegenden Besitz der Familie Schmidheiny) übernommen und diese dann in die an eine Investorgruppe verkaufte Leica Geosystems umgewandelt, die mit der Kameras und Sportoptik produzierenden Firma Leica in Solms außer dem Namen und dem markanten roten Punkt so gut wie nichts mehr gemein hat.
Ferngläser, die den Namen Kern tragen und für das Milität gefertigt wurden (also u.a. Strichplatten haben, wasserdicht sind, keine Zentralfokussierung, sondern die für große Beobachtungsentfernungen ausreichende Einzelokularfokussierung haben und zuindest teilweise Laserschutzfilter enthalten, dürften – obwohl eBay-Anbieter immer mit dem Namen Leica hausieren gehen – mit Leica nicht viel zu tun, da sie nach meinem Kenntnisstand vor der Leica-Zeit entwickelt wurden.
Walter E. Schön