Herr Fritzen, Herr Müllers, Herr Distel,
Sie versuchen doch nicht etwa, Herrn Gross und mir und vielen anderen den Spaß an ihren Kompaktgläsern zu verderben, nur weil Sie sie selbst nicht sonderlich mögen? Bei allem Respekt, aber dass Kompaktgläser generell eine geringere Brillanz, schlechtere Farbwiedergabe und niedrigere Auflösung als Standardgläser hätten, was ein erfahrender Beobachter sofort bemerke, halte ich bei normalem Tageslicht und ohne störendes Gegenlicht für falsch. Ich würde solche Behauptungen eher dem Thema Selbstüberschätzung zuordnen. Was den Kontrast angeht könnte man sogar Vorteile bei den Kompakten vermuten, weil ihr Öffnungsverhältnis geringer ist, sie weiter abgeblendet sind und ihre AP näher an der für physiologischen Maximalkontrast nötigen Pupillenöffnung von max. 3mm liegt. (Wenn man es genau nimmt, kann man schon den höheren Kontrast von 32er Gläsern gegenüber 42ern gleicher Vergrößerung manchmal beobachten). Die höhere Anfälligkeit für Streulicht ist im übrigen bei aktuellen Kompaktglasmodellen längst nicht mehr so ausgeprägt wie früher und ist in vielen Situationen leicht zu verschmerzen, weil gerade Kleingläser eine geschickte Handhaltung ermöglichen, die Streulicht wirksam abschirmt.
Ich kann vollkommen verstehen, dass für manchen ein Kompaktglas mit seinen bekannten Nachteilen - Sehfeld, Handhabung, Dämmerungsleistung, Einblick - nicht oder nur als Notbehelf in Frage kommt. Ich kann aber nicht verstehen, wieso den kleinen Gläsern schlechtere Bildqualität am Tag angedichtet werden muß, die selbst von einem Mittelklasse-Standardglas spielend übertroffen werde - das halte ich für, pardon, Unfug. (Wohlgemerkt, wir sprechen von hellem Tageslicht und nicht vom längeren Blick in den Schatten oder andere ausgedehnt dunkle Bildpartien.)
Wenn ich ein rund 20 Jahre altes Zeiss Dialyt 10x40 BGAT*P bei hellem Tageslicht direkt mit meinem Nikon 10x25 HG vergleiche, nur die Bildqualität beachte und all die anderen Parameter außen vor lasse, macht das Zeiss in Sachen Kontrast keinen Stich dagegen. Das Nikon ist klar überlegen, es bringt noch feinste Strukturunterschiede deutlich zum Vorschein, die das Zeiss zwar auch scharf, aber längst nicht so markant liefern kann. So unfair ein solcher Vergleich ist, zeigt er aber doch, dass nicht die Größe eines Glases die Bildqualität am Tag ausmacht, sondern im wesentlichen die Vergütungstechnologie der springende Punkt ist (und vielleicht noch die verwendeten Glassorten, bei sonst vergleichbarer Fertigungs und Konstruktionsqualität). Ich bin ziemlich sicher, dass bei normaler Tageshelligkeit und ohne störendes Streulicht sich weder Auflösung und Kontrast, noch die Farbwiedergabe eines erstklassigen Kompaktglases von denen eines größeren aber sonst gleichwertigen Modells nennenswert unterscheiden lassen.
Hätte z.B. Herr Weisgerber in seinem Vergleich (Thema: „Auf welchen Visus wird ein Fernglas ausgelegt“) noch ein Victory 10x25 und 8x20 einbezogen und alle Messungen bei guten Lichtbedingungen durchgeführt, hätten sich großes und kleines 8-fach vermutlich nicht wesentlich unterschieden. Und das 10x25 hätte neben seiner mit diesen beiden vergleichbaren Bildqualität wahrscheinlich sogar die beste Auflösung geboten und womöglich den Gesamtsieg davongetragen – wohlgemerkt, bei guten Lichtverhältnissen, und nur, wenn man alle anderen Parameter außen vor lässt.
Vielleicht können Sie, Herr Fritzen, bei Ihren laufenden Untersuchungen ja ein paar unvoreingenommene Messungen dieser Art anstellen. Wenn Sie als guter Forscher in Sachen Bildqualität Ihre Vorurteile gegen Kleingläser außen vor lassen, und noch dazu die Messungen mal mit und mal ohne Stativ machen könnten, ließe sich vielleicht nebenher auch noch Herr Müllers dazu bringen, seine kritische Einstellung gegenüber höheren Vergrößerungen zu revidieren. Seine charmant seltsame Theorie, die Vergößerungwahl solle für optimale Detailerkennbarkeit aus freier Hand möglichst umgekehrt proportional zum Visus erfolgen, ließe sich mit Ihrem visusheterogenen Personalstamm ja gleich mit überprüfen (Und hoffentlich zusammen mit der Theorie von der schlechten Kompaktglasbildqualität auf den Scheiterhaufen bringen). Viel Spaß bei Ihren Tests, auf die ich ja mal gespannt bin. Wenn Sie was vernünftiges auskochen, lasse ich mich übrigens gern überzeugen.
6-mal bearbeitet. Zuletzt am 04.08.08 00:34.