Lassen Sie sich, Herr Müllers, nicht von jemandem ins Bockshorn jagen, der immer alles noch ein bißchen besser zu wissen und andere arrogant anrempeln zu müssen glaubt. Ich bin seit einiger Zeit und auch noch für einige weitere Wochen wegen diverser anderer Belastungen nicht in der Lage, hier ausführliche Beiträge zu schreiben, aber in diesem Falle will ich wenigstens einige gravierende Fehler in der angeblich physikalischen Argumentation Ihres Kontrahenten richtigstellen:
1. Alleswisser „konfokal“ scheint den Unterschied zwischen „Öffnung“ und „Öffnungsverhältnis“ nicht zu kennen. Deshalb ein bißchen Aufklärung:
Die Kompaktferngläser 8x20 haben mit 20 mm zwar eine geringere Öffnung als die 8x42-Ferngläser, aber nicht unbedingt ein (nennenswert) geringeres Öffnungsverhältnis. Der freie Objektivdurchmesser ist zwar nur knapp halb so groß, aber auch die Baulänge ist kaum größer als die Hälfte derjenigen der 8x42-Gläser. Das heißt, daß die 8x20-Gläser auch eine entsprechend kürzere Brennweite haben müssen, so daß das Öffnungsverhältnis (= Quotient aus effektivem EP-Ø und Brennweite) bei den kleinen Ferngläsern nicht nennenswert kleiner ist als bei den großen. „konfokal“ trägt aber das (vermeintlich signifikant) „kleinere Öffnungsverhältnis“, also die „entspanntere Optik“ der 8x20-Gläser als sein wesentlichstes Argument vor. Diese physikalische Argumentation von „konfokal“ ging also leider voll in die Hosen.
2. Alleswisser „konfokal“ argumentiert mit vermeintlich stärker abgeblendeten Objektiven der 8x20-Gläser, doch tatsächlich sind bei der Tagbeobachtung die Objektive der 8x42-Gläser die wesentlich stärker abgeblendeten, wie ich nachfolgend zeige:
Beim 8x20 ist die AP 2,5 mm groß und damit annähernd so groß wie die EP der Augenpupille bei Tageslicht (je nach Helligkeit etwa 2,0 bis 2,5 mm). Bei bedecktem Himmel wird also mit praktisch unabgeblendetem Objektiv beobachtet, da die vom Auge bei 2,5 mm großer Pupille effektiv genutzte EP des Fernglases die volle Öffnung 20 mm der Objektive ist. Bei hellem Sonnenschein sind es ca. 16 mm, so daß das Objektiv dann effektiv um knapp 2/3 Blendenstufen abgeblendet wäre. Und wie sieht es bei 8x42 aus? Hier ist die EP 5,25 mm groß, und davon nutzt das Auge bei 2,5 mm großer Pupille nur weniger als ein Viertel der Fläche, so daß dasselbe auch für die effektiv genutzte Objektivöffnung gilt, die nämlich auch hier nur 20 mm beträgt. Folglich wird das Objektiv indirekt durch die Iris des Auges effektiv um 2,14 Blendenstufen abgeblendet. Selbst wenn die Brennweite der 8x42-Objektive nicht um denselben Faktor größer als die der 8x20-Objektive wäre wie das Verhältnis der betreffenden Öffnungen (wir können wohl annehmen, daß das Brennweitenverhältnis maximal um etwa Faktor 1,2 größer als das Verhältnis der Objektivöffnungen ist), dann ist das nur ein kleiner Teil dessen, was bei 8x42 durch Abblendung um 2,14 Blendenstufen gewonnen wird. Und bei hellem Sonnenlicht erzielt die dann nur ca. 2 mm große Augenpupille eine Abblendung des 8x42-Objektivs um ca. 2,8 Blendenstufen im Vergleich zu nur 2/3 Blendenstufen beim 8x20. Die physikalische Argumentation „stärkere Abblendung führt zur Reduzierung von Aberrationen und somit zu besserer Schärfe“ (solange wir nicht in den Bereich signifikanten Beugung kommen, wovon wir bei den Vergrößerungen von Ferngläsern um etwa eine Zehnerpotenz entfernt sind!) spricht also eindeutig zugunsten der größeren 8x42-Ferngläser und keineswegs gegen sie.
Richtig ist das von „konfokal“ später vorgebrachte Argument, daß in der Praxis bei den Ferngläsern mit großen Austrittspupillen die Gefahr besteht, daß „nachlässige“ Anwender wegen nicht korrekt auf die eigene Augenweite eingestellter Ferngläser mit zur AP dezentrierten Augenpupillen beobachten. Hierdurch werden selbstverständlich Aberrationen verursacht, die bekanntlich zu stärkeren Farbsäumen, aber auch generell zu geringerer Schärfe führen. Aber wer weiß, ob sich „konfokal“ bei seinen praktischen Vergleichen zwischen 8x20 und 8x42 nicht all zu sehr auf seinen dank jugendlichen Alters noch hohen Visus verließ und versäumte, bei den benutzten 8x42 die Einstellung auf die eigene Augenweite sorgfältig genug einzustellen, so daß er dann selbst zwangsläufig bei den 8x42-Gläsern das von ihm (allerdings mit falscher Argumentation) vorhergesagte schlechtere Ergebnis mit eigenen Adleraugen sehen mußte. Ich habe hier im Forum schon vor vielen Jahren auf die Wichtigkeit der präzisen Justage auf die eigene Augenweite hingewiesen und deshalb auch immer wieder empfohlen, nicht Ferngläser mit unnötig großer AP zu wählen (also zur Tagbeobachtung z.B. ein 8x32 einem 8x42 vorzuziehen), um diesen negativen Einfluß dezentrierter Augenpupillen klein zu halten, sofern nicht andere Gründe (z.B. ein schwankendes Schiff als Beobachstungsplattform) für überdimensionierte AP sprechen. Da ein solcher Fehler mit Sorgfalt und Erfahrung vermeidbar ist, taugt er nicht dazu, deshalb dem 8x42 von vornherein die schlechtere Bildqualität zuzuschreiben.
In seiner Antwort bezieht sich „konfokal“ auf einen Test des Forumsteilnehmers „Gunnar“ und sagt, daß beim Abblenden eines Victory 8x42 auf eine Objektivöffnung von 32 mm die Bildqualität steigt. Daß dies so ist, hat im wesentlichen außer der verminderten Gefahr einer vor allem bei mangelhafter Augenweitenanpassung schlechten Positionierung des Fernglases vor den Augen und daraus resultierender Dezentrierung noch einen zweiten Grund, nämlich die kontraststeigernde Reduzierung von Falschlicht. Stellt der Beobachter das Fernglas korrekt auf seine Augenweite ein und hält er dann das Fernglas so vor die Augen, daß keine nennenswerte Dezentrierung vorliegt, bringt die Pappscheiben-Abblendung des Objektivs nur eine Reduzierung des Falschlichts und sonst nichts. Da aber beim 8x42 bereits ohne Abblendung der Objektive in der Regel eine deutlich bessere Falschlichtabschirmung vorliegt als bei den auf minimale Abmessungen getrimmten Kompaktferngläsern, ist das 8x42 schon unabgeblendet in dieser Hinsicht dem 8x20 überlegen. Und wird das 8x42 auf z.B. 32 mm abgeblendet, so würde es im Kontrast dann sogar noch sehr viel besser als ein 8x20 abschneiden.
Die Argumentation mit der Lichtdurchlässigkeit der Iris erscheint mir ziemlich weit hergeholt und beinahe als eine Ausflucht. Denn signifikant ist sie selbst bei Blauäugigen (im wörtlichen Sinne!) nicht, sondern erst bei Albinos, und die haben dann auch ohne Fernglas Probleme, die sie zum Tragen einer Sonnenbrille zwingen (siehe Heino). Das ist ein Sonderfall, der hier nicht zu allgemeingültiger Argumentation 8x20 gegen 8x42 taugt.
Was die Hochkontrastmotive von Herrn Fritzen betrifft, die „konfokal“ nennt, ist das höher geöffnete 8x20 (ja, nicht das 8x42, sondern das 8x20 ist, wie weiter oben ausgeführt, effektiv das höher geöffnete bei der Tagbeobachtung!) im Nachteil, nicht umgekehrt, wie „konfokal“ es behauptet.
Der von „konfokal“ behauptete annähernd gleiche Anteil reflektierender Fassungsinnenfläche bei 8x20 und 8x42 ist Unfug und hat mit der Konstanten Pi nicht das geringste zu tun. Wenn man an beliebiger Stelle den Querschnitt eines Rohres rechtwinklig zur optischen Achse betrachtet, so erfolgt die streu- und falschlichterzeugende Reflexion am Umfang des Kreises, während die gesamte hindurchgehende Lichtmenge an der Fläche des Kreises zu messen ist. Nun wächst aber der Umfang nur proportional zum Öffnungsdurchmesser (Multiplikation mit der Konstanten Pi), der Querschnittsfläche jedoch proportional zum Quadrat des Durchmessers (Multiplikation des Durchmesser-Quadrats mit der Konstanten Pi/4). Folglich nimmt bei knapp über doppeltem Durchmesser der Umfang auf das Doppelte, der Querschnitt aber auf das Vierfache zu, so daß sich das Nutzlicht-Störlicht-Verhältnis unter der Voraussetzung gleichen Sehwinkels und gleichwertiger Oberflächengestaltung (Schwärzung, Mattierung, Rippen usw.) auf das Doppelte verbessert. Hinzu kommt jedoch zugunsten der 8x42-Gläser, daß wegen deren deutlich größeren Sehwinkels erst ein deutlich schrägerer Lichteinfall zur Beleuchtung der Fassungsinnenseite führt als bei den engwinkeligen Kompaktferngläsern, so daß an der Fassungsinnenfläche relativ viel mehr Licht einfällt und also auch viel mehr Streulicht produziert wird. Somit liegt „konfokal“ wieder ganz daneben. [Vielleicht sollte er mal überlegen, ob er nicht sein Pseudonym von „konfokal“ in „dezentriert“ ändern sollte; es wäre derzeit treffender.]
Was eingebaute Blenden und ringförmige Rillen zur Vermeidung von Reflexion in Richtung nach hinten (zum Okular hin) betrifft, so gibt es bei den großen Gehäusen dafür viel mehr Platz als bei den Kompaktferngläsern, und das wird in der Praxis von den Herstellern auch genutzt, obwohl leider noch immer nicht so, wie es ohne großen finanziellen Aufwand möglich wäre. Bei den Kompaktferngläsern wird sowohl mit jedem Millimeter Durchmesser als auch mit jedem Gramm Gewicht gegeizt, und das heißt, daß die Rohre so eng wie möglich werden müssen.
Man braucht sich als Negativbeispiel nur das sehr teure und sonst optisch erstklassige Swarovski 8x20 anzusehen: Soviel Falschlicht bei hellem Umfeld des Motivs und insbesondere bei Sonne von vorn oben oder seitlich wie bei diesem extrem teuren Mini-Fernglas gibt es selbst bei der 8x42-Mittelklasse nicht. Hier wurde mit Gewalt versucht, einen Rekord in Kompaktheit aufzustellen, ohne die sehr negativen Folgen der nun weit unter „mittelmäßig” einzustufenden Falschlichtunterdrückung zu bedenken. Bei Gegenlicht ist dieses Kompaktglas 8x20 eine Katastrophe; das in der Größe allerdings fast gleiche Ultravid 8x20 ist Leica diesbezüglich viel besser gelungen, was zeigt, daß es der kleine Durchmesser allein nicht ist, der zum Übermaß an Falschlicht bei kleinen Swarovski führt. Daß „konfokal“ seine Behauptungen immer anhand des von mir schon vor vielen Jahren als bestes Kompaktfernglas bezeichneten Nikon 8x20 HG-L (und dann noch im Vergleich zu einem schon betagten Dialyt) zu verifizieren versucht – er hat ja mal geschrieben, daß er sich aufgrund meiner Empfehlung dieses Glas gekauft hat –, trägt dazu bei, sein schiefes Bild etwas zu stützen. Wenn man sich die anderen 8x20 und im Vergleich dazu nicht ein veraltetes Dialyt, sondern die aktuellen Topmodelle der 8x42er ansieht, fallen die Seherlebnisse nicht mehr so zu Gunsten der Minis aus. Sogar das Nikon 8x20 HG-L bleibt im Vergleich zu einem der Top-8x42er in Sachen Bildkontrast bei Gegenlicht auf der Strecke - trotz hervorragender Schärfe in seinem deutlich kleineren Sehfeld.
Man kann bei der Diskussion um die relevanten Einflüsse auf die Bildschärfe nicht einfach so, wie „konfokal“ es macht, das stärkere Handzittern beim Beobachten mit einem 250-g-Fernglas ausklammern, denn es ist beim Bildschärfevergleich ein erheblicher Einflußfaktor zugunsten der größeren Ferngläser. Das Berücksichtigen von Sehfeldgröße, Einblickverhalten und (nicht für jeden Beobachter wichtig) Dämmerungstauglichkeit wollte „konfokal“ ebenfalls ausschließen. Das ist in Ordnung, wenn man allein über die Bildschärfe diskutieren will, aber dann nicht mehr, wenn es um die Kaufentscheidung geht, die sich nicht allein auf die Bildschärfe als Kriterium beschränken darf. Warum „konfokal“ das Handzittern in der Diskussion um Bildschärfe ausklammern will, ist jedoch unverständlich. Vielleicht geht er davon aus, daß Anwender von Kompaktferngläsern immer ein Stativ mitführen?
Nun möchte ich noch auf einen durch Marktgesetze und nicht Physik beeinflußten Unterschied zwischen 8x20 und 8x42 kommen. „konfokal“ geht einfach davon aus, daß die Hersteller ihr optischen Know-how bei den Kompaktferngläser in gleicher Weise wie bei den großen Modellen ausreizen. Ich bin sicher, daß das richtig wäre, wenn die Entwickler (Optikdesigner) das Sagen hätten. Aber es spricht hier der Kaufmann das letzte Wort, denn wenn ein 8x20 tatsächlich ebenso nahe an die jeweils gegebenen technischen Grenzen kommen sollte, müßte es auch fast so teuer wie ein großes Fernglas sein. Ein 8x20 für 1000 Euro oder gar darüber anzubieten, traut sich aber nicht einmal Swarovski. So ein Preis wäre der Kundenmehrheit nicht vermittelbar. Ein 8x20 muß also deutlich (!) billiger als ein 8x32 oder 8x42 sein, und das heißt dann zwangsläufig, daß hier doch nicht alles optisch Mögliche so weit ausgereizt werden kann wie bei den Großen. Übrigens ist auch die Notwendigkeit, das Gewicht gering zu halten (deutlich unter 300 g), ein wichtiger Grund nicht nur für die Beschränkung auf ein signifikant kleineres Sehfeld, sondern auch für einfacher aufgebaute Objektive und Okulare mit weniger und/oder dünneren Linsen sowie nicht zu schweren Glassorten.
Zum Schluß will ich dem jetzt vielleicht bei manchem Leser entstandenen Eindruck entgegentreten, ich würde Kompaktferngläser negativ beurteilen. Das Gegenteil ist richtig. Ich würde nie auf ein Kompaktfernglas verzichten wollen, denn wenn es darum geht, ein Kompaktfernglas oder gar kein Fernglas mitzunehmen, ist ohne Zweifel das Kompaktfernglas die bessere Wahl. Und ich halte ein Kompaktfernglas bei Tageslicht* sogar für sehr viel mehr als nur für einen Notbehelf; es ist in meinen Augen ein „richtiges Fernglas“, wenn man ein gutes Exemplar wählt. Aber man muß dann, wenn z.B. ein 8x32 oder ein 8x42 ebenfalls zur Verfügung stünde, ganz klar dem größeren den Vorzug geben, nicht nur in Sachen Sehfeldgröße und Einblickverhalten, sondern auch hinsichtlich Auflösung und Kontrast. Bei Tageshelligkeit wäre, wie schon weiter oben gesagt, das quasi in dem Mitte stehende 8x32 die sicherlich immer beste Wahl.
Ich bitte alle Leser, die meine Teilnahme an diesem Forum und an der weiteren Diskussion zu dem hier strittigen Thema in den nächsten Wochen vielleicht vermissen werden, um Verständnis dafür, daß ich meiner derzeit stark ausgeuferten beruflichen Arbeit bis nach der Photokina absoluten Vorrang einräume. Danach will ich, wenn ich gesund bleibe, gern wieder im gewohnten Umfang aktiv werden.
Walter E. Schön