Auf der Internetseite von Albrecht Koehler (www.akoehler.de; Grundlagen; Verzeichnung) findet man interessante Informationen zum Thema Verzeichnung/Globuseffekt. Demnach wurden Fernglaeser bis in die 40er Jahre des vorigen Jahrhunderts ohne (lineare) Verzeichnung gerechnet, wie es bereits 1827 von Airy vorgeschlagen wurde. Waehrend des ersten Weltkrieges kamen erste Forderungen auf, eine kissenfoermige Verzeichnung einzufuehren, um den Globuseffekt zu eliminieren (Whitwell, Tscherning und Weiss). Aber erst in den spaeten 40er Jahren entschloss man sich bei Zeiss, nach kontroversen Diskussionen, diesen Weg zu gehen und eine kissenfoermige Verzeichnung einzufuehren. Man erkennt den Unterschied sehr schoen bei dem 8x30 Deltrintem, das vor 1946 noch mit den alten Koenig Okularen (ohne Verzeichnung) existierte, und anschliessend dann die Verzeichnung erhielt, die dann Standard fuer nahezu alle weiteren Hersteller wurde.
Dass Swarovski jetzt angeblich Fernglaeser wegen des Globuseffekts aus dem Verkehr zieht, deutet auf einen internen Machtkampf hin, denn wissenschaftlich/technisch waren diese Fragen ja seit Jahrzehnten diskutiert und geklaert worden. Vermutlich wollte jemand den Weg von Nikon einschlagen, wo man seit einigen Jahren wieder Fernglaeser mit geringer Verzeichnung baut, und erst nach der Fertigstellung hat ein Verantwortlicher die Notbremse gezogen. Schade um die Geldverschwendung, die der Verbraucher dann wohl zu tragen hat!
Es gibt uebrigens eine ganz nette Zeichnung im Internet:
rchamon.iies.es/distortion/distortion.jpg
(ohne www), die zeigt, dass lineare Verzeichnung und Globuseffekt nur zwei Seiten einer Medaille sind: Ohne lineare Verzeichnung (links) werden Abstaende auf einer Ebene verzeichnungsfrei abgebildet, nicht aber auf einer Halbkugel. Man kann aber stattdessen auch Abstaende auf einer Halbkugel verzeichnungsfrei abbilden (rechts), was den Globuseffekt eliminiert, dafuer aber die Ebene verzeichnet. Beides auf einmal verzeichnungsfrei hinzubekommen ist natuerlich nicht moeglich.
So gesehen ist es eigentlich sinnlos, von "verzeichnungsfrei" zu sprechen, solange man nicht dazu sagt, auf welches Bezugssystem man sich bezieht. Kein System ist dem anderen grundsaetzlich ueberlegen, man muss halt den Anwendungsbereich definieren und entsprechend korrigieren.
Viele Gruesse,
Holger Merlitz