Sie unterstellen mir etwas, das nicht stimmt. Ich weiß sehr wohl, wußte das auch schon früher und nicht erst, seit Sie ständig darauf herumreiten, und habe nie bestritten, daß divergenter Bildversatz nur in minimalem Umfang zulässig ist, weil das normale, gesunde Auge nicht zur Kompensation auswärtsschielen kann. Aber genau dieser Fall, den Sie hier zum x-ten Male aufführen und der zu Ihrer Ehrenrettung geeignet wäre, kann im Falle „Nickel“ gar nicht vorliegen, weil sonst das Problem für Herrn Nickel im Fernbereich und nicht im Nahbereich aufgetreten wäre! Er hat aber ausdrücklich geschrieben, daß er die Beschwerden nur im Nahbereich hatte.
Ihre Überlegungen kommen bei der von Ihnen vorgebrachten Knickachsenneigung völlig richtig und von mir nie bestritten zum Ergebnis, daß im Fernbereich ein Auswärtsschielen nötig wäre, aber dort evtl. die Querdisparation nur so geringfügig sein könnte, daß Auge und Gehirn sie (gerade noch) bewältigen können. Soweit war ich schon immer einverstanden.
Sie gehen nun davon aus, daß bei dem für den Nahbereich zweckmäßigen (aber bei größerem AP-Durchmesser nicht unbedingt nötigen) weiteren Abknicken des Fernglases, um z.B. von 66 mm auf nur noch 64 mm Augenweite zu kommen, sich die Querdisparation weiter erhöht und dann die kritische Grenze, jenseits der Auge und Gehirn nicht mehr mitmachen, überschritten wird. Abgesehen davon, daß wir gar nicht wissen, ob Herr Nickel das Fernglas für den Nahbereich engergestellt hat (viele unerfahrene Fernglasbeobachter tun das nämlich gar nicht), wäre auch das korrekt und fände meine Zustimmung, wenn nicht gleichzeitig noch etwas anderes stättfände, das Sie leider übersehen und das Ihren Irrtum begründet:
Sie beobachten jetzt nicht mehr im Fernbereich, sondern im Nahbereich, und deshalb kommt es zu einem durch die Fernglasvergrößerung sogar noch fast 8fach gesteigerten Bildversatz EINWÄRTS, der an der Nahgrenze von 2 m zu einer Konvergenz führt, die die Größenordnung von ca. 18,5° erreicht (siehe Absatz 4.2 in meinem ersten Beitrag). Dieser Bildversatz überlagert sich der erhöhten Disparation und überkompensiert ihn erheblich. Selbst wenn die Querdisparation sich über die von Ihnen grob als ca. 1,5° angenommene kritische Grenze hinaus bis auf z.B. 3° oder sogar 5° vergrößert haben sollte, ergibt das in der Überlagerung mit der durch die Nähe des betrachteten Gegenstandes verursachten Konvergenz von ca. 18,5° immer noch eine Rest-Konvergenz von 15,5° bzw. 13,5° und führt somit NICHT zu dem von Ihnen postulierten Auswärtsschielen.
Wenn man nicht nur die beiden Extrema „unendlich fern“ und „2 m nah“ betrachtet, sondern auch noch Zwischenstufen, dann stellt man fest, daß der schlimmste Fall (= der weitere Bildversatz nach außen) bei der Entfernung unendlich vorliegt und der dabei vorliegende Bildversatz nach AUSSEN mit näherrückendem Beobachtungsobjekt aufgrund der zunehmenden Konvergenz kontinuierlich erst auf NULL abnimmt und dann zu einem immer stärkeren Bildversatz nach INNEN wird, der am Ende bei der Nahgrenze von 2 m den obengenannten Maximalwert von ca. 18,5° minus (maximale Divergenz aufgrund der angestiegenen Disparation), also z.B. die obengenannten 15,5° erreicht. Also hätte in diesem Falle Herr Nickel, wie ich es schon immer sagte, doch nur im Fernbereich, aber nie und nimmer im Nahbereich Probleme wegen eines notwendigen, aber nicht möglichen Auswärtsschielens gehabt.
Wenn Sie es auch jetzt noch nicht verstanden haben sollten, kapituliere ich. Und wenn Sie jetzt zugeben, daß ich von Anfang an recht hatte, dann werde ich besser über Sie denken, als wenn Sie weiterhin auf der falschen Behauptung beharren sollten.
Walter E. Schön