Hallo Herr Schafgans,
für eventuell weniger physikalisch belesene, die hier mitlesen, versuche ich das mal zusammenzufassen, was sich hier ein wenig über das Forum verstreut.
Die bisherigen Einwürfe zu den Ergebnissen von Herrn Fremerey und meinen Anmerkungen bezogen sich auf die Kompensation des Seeings, also die Überwindung der Unschärfe auf astronomischen Fotos durch die Luftunruhe.
Wenn ich es richtig verstanden habe, war es das Ziel, Korrekturen mit feinmechanischen Antrieben (Spiegelverkippung) durchzuführen, um die von der Luftunruhe hervorgerufenen Effekte bei Langbelichtungen durch diese Spiegelverkippung gegensteuernd zu kompensieren. Ich hatte noch angemerkt, daß man sogar versucht sein könnte dies bis hin in den Specklemodus zu treiben und sogar Bildschärfe durch adaptive Optik zu korrigieren. Der eine Effekt meint grobe Verschiebungen der variierenden Örter eines Sterns durch Luftunruhe (Verschiebung des Schwerpunkts nd damit Aufweitung des Bildes eines Sterns), der andere die Feinstruktur.
Bei Langbelichtungen mit Belichtungszeiten t>30 Sek kompensieren sich statistische Fehler ohnehin allmählich (aber nicht ganz, siehe unten). Ziel scheint es jedoch, wenn ich es weiterhin richtig verstanden habe, durch Verkippen von Spiegeln wenigstens die Schwerpunkte der Sterne besser zu "halten". Doch schon dies kann bei großen Bildfeldern nicht gelingen aus besagten Gründen. Schärfekorrekturen durch adaptive Optik scheitern dann allemal.
Ich habe mir mal eben meine Aufnahmen von gestern Nacht angesehen, weil Sie diesen Denkanstoß gaben. Meine Lieblingsbelichtungszeit liegt auch in dieser Größe (30Sek). Nehme ich mein VC200L wie gestern abend mit Focal Reducer, dann habe ich ein Bildfeld von ungefähr 1°. Hier ist längst keine Isoplanasie mehr gegeben. Sterne links im Feld würden durch atmosphärische Effekte also anders hupfen, wie rechts. Sehr wahrscheinlich sogar gegenläufig. Kompensiere ich also mit einem beiebigen (Referenz-) Stern, dann kann sich der erhoffte Effekt eventuell sogar ins Gegenteil verkehren und ich erhalte statistisch betrachtet sogar unschärfere Aufnahmen. Das ist zwar nur Theorie, man kann es dennoch versuchen. Auch Physiker neigen gerne zum Glauben. Wer einem Experimentalphysiker wie mir experimentell das Gegenteil beweisen kann, dem würde ich das ohne Zweifel abnehmen. Allerdings müsste ich nach Gründen oder Rahmenbedingungen fragen.
Wenn ich mir jedoch meine gestrigen Aufnahmen mit diesem Teleskop ansehe, dann habe ich bereits sehr kleine Sterne. Der Aufnahmemaßstab beträgt bereits ca. 1" / Pixel mit dem Fokalreduktor. Seeing bedingt waren meine Sterne gestern grob geschätzt zweipixelig in der Seeinghalbwertsbreite. Gute Luft also. Ich hatte Glück gehabt und Haufen photometriert. Probleme bereiten mir eher mechanische Unzulänglichkeiten bei solcher Abbildungsleistung. Diese Abbildungsleistung ist für mich bei Wide Field Imaging sehr erfreulich und mehr als ausreichend. Der Abbildungsmaßstab entspricht unserer früheren Kombination von 1m Cassegrain und einem alten Astromed CCD System. Gute Voraussetzungen also, mit einem Amateurgerät seriös zu arbeiten.
Bemerkenswert finde ich jedoch, daß selbst mit solchen Belichtungszeiten (30 Sek, was auch meiner Lieblingszeit entspricht) die Punktbilder der Sterne zu variieren scheinen. Wenn ich mir einige Samples herausgreifen, dann haben einzelne Sterne quer über das Feld unterschiedliche Gestalt. In jedem Fall typisch für dieses unberechenbare Wetter, bei dem erkennbare Cirren durchs Feld wandern können. Was eher für als gegen meine These spricht. In jedem Fall habe ich Anzeichen gefunden, daß man sogar bei solchen Belichtungszeiten Variationen über solch große Felder finden kann. Vielleicht täuscht mich mein Auge heute angestrengt vom unbequemen Blick in die Kamera gestern Nacht, aber ich bin sicher, daß man das definitiv messen könnte.
Nebenbei bemerkt machen diese atmosphärischen Einflüsse aus meiner Erinnerung den Astrometrikern unter uns schon seit geraumer Zeit Probleme, weil sie auf relativ kurz belicheten Aufnahmen relativ große Fehler der relativen Sternörter finden. Was meine These ebenfalls bestätigt.
Vielen Dank für den Denkanstoß. Ich muss das bei Gelegenheit genauer untersuchen und die Einzelaufnahmen analysieren. Ich sammle meist 50-100 Bilder a 30 Sekunden pro Haufen, was ausreichend Anhaltspunkte finden lassen dürfte. Allerdings ist meine Portierung der alten Auswertesoftware noch nicht fertig.
Ich finde dieses Forum insgesamt sehr interessant. Vor allem Ihre Fragen. Ich bin mir jedoch bewußt, daß man mich an manchen Stellen nicht verstehen könnte. Auf der anderen Seite darf ich anerkennend anmerken, daß Sie mir jede Menge Anregungen liefern, über die es lohnt nachzudenken und daran zu arbeiten.
Gruß
Thilo Bauer
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 23.09.07 15:39.