11. Dezember 2019 23:22
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Ein Blick aus einer anderen Richtung, damit verschiedene Aspkete wie die ungeschickte Markteinführung, die abgespeckte Spezifikation und die Einordnung des Glases nicht vermischt werden:
In den letzten 50 Jahren seit dem Erscheinen des Ur-Trinovids gab es in diesem Kontext in erster Linie drei wesentliche technische Verbesserungen, neue Glassorten, die es u.a. erlauben die chromatische Aberration weitgehend zu beseitigen, verbesserte Coatings und Bildstabilisierung (IS). Letzteres wird häufig vergessen, obwohl möglichst viel Detail zu zeigen die Hauptaufgabe von Ferngläsern ist, doch IS-Gläser werden – weil meist zu klobig - häufig ignoriert. (Vielleicht ändert sich das, Pinac, vielen Dank für den extrem detaillierten Bereicht über die neuen Canon Gläser!) Die stark verbesserten Coatings ermöglichen komplexere Optik, so dass die neuen Gläser mit Bildebnungslinsen und aufwendigen Weitwinkel-Okularen ausgestattet werden können. Dafür wird Platz benötigt, und die neuen Elemente erhöhen Gewicht und Kosten. So gesehen ist es bemerkenswert, dass ein Premium Glas wie das Zeiss Victory SF etwas kleiner und leichter als das dreißig Jahre ältere Zeiss Dialyt und dabei in einem größeren Gesichtsfeld viel randschärfer ist. Diese klaren optischen Verbesserungen betreffen den äußern Teil des Gesichtsfeldes, man blickt jedoch meist in der Bildmitte. Ein weites Gesichtsfeld ist sicher ein klares Plus, doch sehr gute Rändschärfe hat bei Handferngläsern einen eher ästethischen Wert (frei zitiert nach einem hier gut bekannten Buch). Momentan wetteifern die Premiumgläser und nicht nur diese bei Parametern, die im wahrsten Sinne des Wortes eher im Randbereich liegen, denn in im Zentrum nehmen sie sich schon seit vielen Jahren nichts mehr. Das ist o.k., Gläser der Spitzenklasse haben ihren besonderen Reiz, doch die Umsetzung hat in mehrerer Hinsicht ihren Preis.
Das Trinovid Classic folgt einer anderen Logik und wurde als Neuauflage eines schlankes Glas angekündigt. Ich denke es passt nicht gut in ein Schema von Mittel, Ober- oder Spitzenklasse. Wir wissen momentan nicht warum Leica das optische Konzept des Trinovid's geändert hat, ob Holger Merlitz's einleuchtende Erklärung zutrifft, dass wegen des Wunsches die Kosten zu reduzieren auf Uppendahl Prismen verzichtet wurde. Und wir können nur spekulieren, was andernfalls möglich gewesen wäre. Ich hätte mich über das geringfügig größere Gesichtsfeld gefreut, auch wenn das in der Praxis kaum merkbar sein würde. Eine sehr hohe Randschärfe hatte ich schon bei der Ankündigung vor zwei Jahren nicht erwartet, wäre aber natürlich willkommen.
Für die Beurteilung des Trinovids 7x35 stehen (für mich) diese beiden Aspekte daher nicht an vorderster Stelle. Der ausgiebige Verglich mit anderen Gläsern mit ähnlichen Kennzahlen - das 8x40 habe auch ich im Leica-Store mit dem 8x42 Noctivid verglichen - zeigt, es ist in wichtigen Bereichen sehr gut, vor allem stimmig, insgesamt (für mich) ein tolles Glas.
Vor der Morgendämmerung bin ich heute in den Schlosspark geradelt, das zierliche Trinovid in der kleinen Ledertasche passt in die Seitentasche meiner Daunenjacke. Dann habe ich - leider vergeblich - nach den Bibern Ausschau gehalten und stattdessen als es langsam hell wurde die Stock-, Berg- und Mandarinenten auf dem Teich beobachtet.
Beste Grüße
Thomas