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Andreas
Ein verzeichnungsfreies UND völlig randscharfes Fernglas ist mir nicht bekannt und existiert wohl auch nicht. Wenn dem so ist, dann basiert Herrn Schöns Hypothese des Zylindereffekts auf einer praxisfernen Annahme.
Hallo Andreas,
auch wenn ein solch ideales Fernglas nicht existiert, ist diese Eigenschaft dennoch nicht zwingend notwendig für Schöns Zylindereffekt. Ähnliches gilt für die Vernachlässigung der Schärfentiefe: Man nimmt ein paar Idealisierungen vor, um die Berechnungen nicht unnötig kompliziert zu machen. Das ist so auch zulässig - das zu beobachtende Objekt muss ja lediglich weit entfernt sein. Natürlich wird man am Ende des Tages dann hergehen und auch mal überprüfen wollen, wie viel von dem postulierten Effekt in der Beobachtungspraxis übrig bleibt, wenn all diese Idealisierungen wegfallen, aber man kann Herrn Schön jetzt nicht vorwerfen, dass er zur Erklärung seines Zylindereffekts auf unnötige Komplikationen verzichtet.
Sein Zylindereffekt existiert nicht, aber aus anderen, viel gravierenderen Gründen. Wie oben erwähnt, bestehen die beiden Kardinalfehler in seiner Herleitung
1. in der Analyse der Winkelgeschwindigkeiten, in Einklang mit der (unrealistischen) Annahme, dass das Auge Winkel als Abstände wahrnimmt, sowie
2. in der dann inkompletten Umrechnung der kartesischen Koordinaten in Winkelkoordinaten, und zwar nur in links/rechts Richtung, während Schön in der oben/unten Richtung weiterhin im kartesischen System bleibt. Er tut so, als würde das Auge in links/rechts Richtung Winkel als Abstände interpretieren, in oben/unten Richtung dagegen orthoskopisch abbilden. Auf diese Weise konstruiert er seinen Zylinder, der jedoch ein Globus wäre, würde er konsequent in alle Richtungen transformieren.
Viele Grüße,
Holger