Zwei Vorgänge, die man klar unterscheiden muss:
1: Entfernung wahrnehmen.
2: Änderung von Entfernung wahrnehmen.
1 - Ist geometrisch unmöglich. Wenn Castor und Pollux bzw. rechtes und linkes Auge eines Löwen im selben Abstand auf die Netzhaut projiziert werden, liefert das keinerlei direkte Information über die Distanz zu den Sternen bzw. zu der Katze. Nur ausreichend Erfahrung ermöglicht annähernde Interpretationen. Es gibt keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem Abstand von Punkten und deren Entfernung vom Beobachter.
2 - Vergrößert sich der Abstand von zwei auf die Netzhaut projizierten Punkten, gibt es bei freiem Auge nur zwei mögliche Erklärungen, sie wandern auseinander, oder sie kommen näher. Dieser Sinneseindruck ist schon bei geringer Erfahrung von großer Aussagekraft. Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist die Annäherung der Punkte (oder an sie) die Ursache für die Beobachtung, dass sie sich voneinander entfernen. Ein kausaler Zusammenhang ist sehr wahrscheinlich.
In genau diesem Sinn hatte ich das auch in dem von Dir zitierten Text geschrieben. Und damit stellst Du lediglich falsche Zusammenhänge her:
Quote
BoB
Und was soll man mit einem Satz wie "Da bewegen wir uns sehr stark in Richtung Kausalität." anfangen? In Deinem Vorherigen hattest Du geschrieben: "Es [das Gehirn] kann nur anhand von Erfahrungen bisweilen sehr ungenaue Interpretationen durchführen. Und dabei ist es zweifellos für Fehlkalkulationen anfällig, das kennt man unter dem Begriff "optische Täuschung". Das scheint mir doch recht weit weg von strenger Kausalität zu sein.
Ich hoffe, dass ich das jetzt klarstellen konnte! ;)
Womit Du auch falsch liegst, egal ob man dieses Phänomen jetzt Globus- oder Zylindereffekt nennt, in der Realität existiert es nicht. Sowohl Holger Merlitz als auch Walter Schön weisen explizit darauf hin, dass es sich um ein Produkt menschlicher Sinnesverarbeitung handelt. Und auch die Tatsache, dass es nur wenige störend wahrnehmen, macht deutlich, dass es eine optische Täuschung ist.
Wenn dabei Teile des Blickfelds scheinbar aus der Bildebene hervorspringen, ist das offensichtlich eine in die Irre geführte Distanzwahrnehmung, und zwar ihres oben unter Punkt 2 beschriebenen Teiles, des Erkennens sich
ändernder Entfernungen:
Bringt ein optisches Instrument eine vom freien Auge abweichende Verzeichnung ins Spiel, bewirkt das im Schwenk Dimensionsänderungen von Bildelementen, die für die optische Wahrnehmung ungewohnt sind, die nicht zur normalen "Kalibrierung" passen. Also berechnen manche Gehirne daraus Distanzänderungen, die es tatsächlich nicht gibt.
Das scheint mir eine schlüssige Erklärung zu sein, abgeleitet von einer sehr naheliegenden Funktion der optischen Wahrnehmung.
Wie man mit diesem Phänomen umgeht, wie man sensiblen Personen diese optische Täuschung ersparen kann, ist eine andere Frage. Holger Merlitz und Walter Schön beantworten sie konstruktionsbezogen mathematisch, ich könnte mir auch einen empirischen Zugang vorstellen.
Da es dabei um Wahrnehmung, Eindrücke, Subjektives geht, muss am Ende jedenfalls eine statistische Bewertung der Aussagen von Probanden stehen. Worüber ja anscheinend Einigkeit besteht ... ;)
LG Philipp